In Deutschland ist der Brandschutz von Gebäuden nicht bundeseinheitlich geregelt. Vielmehr basieren die entsprechenden Vorgaben auf dem Bauordnungsrecht der Länder, das vor allem zwischen Standard- und Sonderbauten unterscheidet. Während für Standardbauten konkrete Maßnahmen und Forderungen definiert sind, können die Vorgaben für Sonderbauten variabel sein und je nach Schutzziel höhere oder niedrigere Forderungen beschreiben. Zu dieser Gruppe zählen z.B. Hochhäuser, Hotels oder Verkaufs- und Versammlungsstätten. Dagegen gibt es für Museen, Archive und Bibliotheken keine besonderen Regelungen oder Vorschriften aus bauordnungsrechtlicher und damit brandschutztechnischer Sicht.
Brandschutz ist Mindestschutz
Brandschutz ist Bauordnungsrecht und damit primär Personen- und Nachbarschaftsschutz. Entsprechend bieten die Mindestvorgaben nur bedingt Schutz für mobile oder immobile Kulturgüter. Während der formelle Teil des Bauordnungsrechts vorgibt welche Inhalte ein Brandschutzkonzept aufweisen soll (Aussagebreite), ist das Forderungs- und Handlungsspektrum der konkret zu treffenden Maßnahmen hinsichtlich der Aussagetiefe nahezu unbegrenzt, d.h. man ist dem Brandschutzplaner förmlich „ausgeliefert“. Das Fehlen bauordnungsrechtlich-materieller Handlungsleitlinien für den Brandschutz ist ambivalent: Während einige Planer sich über weniger Bürokratie und freies, an konkreten Schutzzielen orientiertes Planen und Bauen freuen, fühlen sich andere verunsichert und vom Gesetzgeber allein gelassen und „hangeln“ sich dann doch lieber 1:1 anhand der formalen Bauordnungsvorgaben für Standardbauten durch den Planungsprozess.
Und was ist nun mit den Kulturbetrieben?
Eine Brandschutzvorschrift für Museen gibt es nicht. Auch die Versammlungsstättenverordnung (VStättV), die vor allem für Theater u. ä. Einrichtungen gilt, schließt dem Grunde nach die Bewertung von Museen im Anwendungsbereich explizit aus. Wenn jedoch bestimmte Bereiche eines Museums planmäßig, also bauordnungsrechtlich bestimmungsgemäß dem gleichzeitigen Aufenthalt von mehr als 200 Personen dienen (z.B. Vortragsräume oder Foyers für Vernissagen), so gelangt man wieder ganz schnell „in die Fänge“ der VStättV. Zumindest aus brandschutztechnischer Sicht ist die Sorge vor der Anwendung dieser Verordnung jedoch unbegründet:
• Was ist so schlimm an mindestens zwei voneinander unabhängigen baulichen Fluchtwegen mit 1,20 m lichter Breite, die sowieso zu planen sind, weil Museen nicht durch die Feuerwehr zur Personenrettung angeleitert werden?
• Was spricht gegen Rauchableitungsöffnungen, die für den Einsatz der Feuerwehr verpflichtend sind?
• Was ist so schlimm an der Forderung nach einer brandmeldetechnischen Überwachung, die sich inzwischen quasi als Standard in Museumsbauten etabliert hat?
Und selbst wenn man punktuell nicht konform zur VStättV gehen kann, besteht immer die Möglichkeit einer fachlich begründeten Abweichung bzw. Erleichterung.
Auf den Einzelfall kommt es an
Brandschutz sollte stets individuell, objektkonkret und schutzzielorientiert als ganzheitlicher Ansatz gedacht und realisiert werden.Um im oben beschriebenen Sinne frei nach der Maßgabe „Hauptsache sicher“ verfahren zu können, bedarf es natürlich auch eines entsprechenden fachlichen Gegenübers auf der Genehmigungsseite. Hier ist der vernünftige Umgang mit den Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Auslegung für vom Standardfall abweichende Objekte wünschenswert und notwendig. Je zeitiger ein Brandschutzfachplaner an dem Gesamtplanungsprozess beteiligt ist und je eher der Nutzer seine konkreten Nutzungsspezifika erläutert, desto detaillierter, variantenreicher und sicherer kann eine zukunftsfähige und nachhaltig sinnhafte Brandschutzplanung sein. Egal ob es ein Gesetz hierfür gibt oder nicht.
IBB Ingenieurbüro Bautechnischer Brandschutz
Marco Schmöller, Dipl.-Ing. (FH)
www.schmoeller-brandschutz.de
IBB Ingenieurbüro Bautechnischer Brandschutz ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren" (www.riegel-preis-kulturbewahren.de)
Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für wirtschaftliche und innovative Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", zwei 2013, S. 24-25.