Karl Valentin hat erkannt, dass Kultur schön ist und viel Arbeit macht. Dass sie aber auch krank machen kann, wurde schon deutlich früher entdeckt. Seit Karl Sundelins „Ärztlichem Ratgeber für Musiktreibende“ (1832) untersucht die sog. Musikermedizin berufstypische Beschwerdebilder und die Deutsche Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin richtet seit 1994 einen jährlichen Fachkongress aus.
Auf das Bewusstsein kommt es an
Kulturarbeitsplätze sind vielfach von Kreativität und Improvisationsvermögen sowie von hoher Individualität und Motivation geprägt. Obwohl gerade das ein hohes Maß an Gefahrenbewusstsein und Prävention erfordert, wird das Thema Arbeitsschutz in Museen, Bibliotheken und Archiven recht wenig diskutiert. Auf einer Tagung der DASA – Deutsche Arbeitsschutzausstellung (Dortmund, 2001) wurden Gefährdungen und Belastungen an MBA-Arbeitsplätzen ermittelt und Möglichkeiten der Reduzierung bzw. Vermeidung vorgestellt. Neben rechtlichen Aspekten wurden vor allem technische Themen wie die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze, das Transportieren und Lagern schwerer Lasten und die Risiken durch chemische und biologische Arbeitsstoffe erörtert. Als ein zentrales Problem der in Kulturbetrieben Beschäftigten wurde das gering ausgebildete Bewusstsein für Gefahren und angemessenen Schutz ausgemacht (vgl. den Beitrag von Hanns Peter Neuheuser in dieser Ausgabe).
Arbeitsschutz und Kreativität sind keine Gegensätze
Im Jahr 2012 kommen die sozialversicherten Beschäftigten aller Branchen auf durchschnittlich 12,6 Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) und die der öffentlichen Verwaltung auf 12,3. (Anm. 1) Während Bibliothekare, Archivare und Museumsfachleute mit jährlich 11,2 AU-Tagen leicht darunter liegen, fehlen Wächter und Aufseher an 20,3 Tagen pro Jahr. (Anm. 2) Die häufigsten Krankheitsbilder aller Betroffenen sind: Muskel-Skelett-System (23,2%), Atmungssystem (14,5%) und Verletzungen (12,5%). Auffällig hoch ist der Anteil psychischer Erkrankungen (14,5%), die seit Jahren zunehmen. (Anm. 3)
Auch in Museen, Bibliotheken und Archiven gilt das Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz). Während die Arbeitsschutzaufsicht der Bundesländer Gesetze und Verordnungen überwacht, sind die Arbeitgeber für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten verantwortlich. Dies schließt jedoch nicht automatisch Freiberufler ein, die – man denke z.B. an Restauratoren, Lektoren, Projektkräfte – häufig in Kultureinrichtungen arbeiten.
Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb
Anm. 1: Vgl. DAK-Gesundheitsreport 2013 (www.presse.dak.de/ps.nsf/sbl/998583CFE0F4B967C1257B18004DA198?open).
Anm. 2: Vgl. BKK Gesundheitsreport 2012, S. 148 ff (www.bkk.de/arbeitgeber/bkk-gesundheitsreport/jahresbericht/).
Anm. 3: DAK-Gesundheitsreport 2013, S. 16.
Publikationen (Auswahl)
• Bundesverband der Unfallkassen (Hrsg.): Arbeitsschutz im Kulturbereich, GUV-I 8597, München 2003 (www.publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-8597.pdf)
• Ferber, Jörg: Arbeits- und Gesundheitsschutz in Bibliotheken, Vortrag vom 12.10.2005 (www. bib-info.de/fileadmin/media/Dokumente/Landesgruppen/Niedersachsen_Bremen/ndsbre/nachlese/MPI_12.05.05_neu.pdf)
• Neuheuser, Hanns Peter: Checkliste, Staub, Schmutz, Schimmel in Archiven, Bibliotheken und Museen, in: Bibliotheksdienst 36 / 2002, S. 1228-1242.
• Schieweck, Alexandra / Salthammer, Tunga: Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven. Raumluft, Baustoffe, Exponate, IRB-Verlag Stuttgart (voraussichtlich Herbst 2013)
• Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe – TRBA (www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/TRBA/TRBA.html)
• Technische Regeln für Gefahrstoffe – TRGS (www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/TRGS.html)
• Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV), Bundesministerium der Justiz, 12.08.2004 (www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/arbst_ttv_2004/gesamt.pdf)
Nützliche (Internet-) Adressen (Auswahl)
• Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – BAuA (www.baua.de)
• Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bmas.de)
• Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (www.dghm.org)
• Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung sowie Unfallkassen der Länder (www.dguv.de)
• Deutscher Museumsbund (www.museumsbund.de)
• DIN-, EN-, ISO-Normen und VDI-Richtlinien (www.beuth.de)
• Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sowie Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik – LASI (www.osha.europa.eu)
• Initiative Gesundheit und Arbeit – IGA (www.iga-info.de)
• LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum (u.a. Veranstaltungen zum Arbeitsschutz) (www.afz.lvr.de)
Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für wirtschaftliche und innovative Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", drei 2013, S. 6-7.