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Museen und Archive als Orte der Bildung?

Baden-Württemberg schnürt ein landesweites Paket

Viele Museen wollen als Bildungseinrichtungen wahrgenommen werden. Umso heftiger waren sie darüber empört, im Zuge der coronabedingten Lockdowns in einem Atemzug mit Spaßbädern, Bordellen und anderweitigen Vergnügungseinrichtungen genannt worden zu sein. Aber: So entschieden viele Museen sich von der Freizeitindustrie distanzieren, so vage bis stumm bleiben sie, wenn es darum geht, ihren genauen Ort, ihren konkreten Auftrag und ihren spezifischen pädagogischen Ansatz innerhalb unserer weitgefächerten Bildungslandschaft zu bestimmen. (Anm. 1)

Wie individuell darf es sein?

Museen und Ausstellungshäuser leben von der Einzigartigkeit ihrer Bestände und von der Besonderheit ihrer Strukturen. Jedes Museum ist anders! Das macht seinen Reiz aus. Mit Blick auf die notwendige Kompatibilität mit einem bundesweit gültigen Grundgerüst schulischer Standards kann aber genau darin ein Zielkonflikt liegen, denn nach wie vor gilt Andreas Grünewald Steigers Beobachtung von 2016, wonach es in der bundesdeutschen Museumspädagogik an Qualitätskriterien für „gleichwertige Handlungsvorgaben und Rahmenbedingungen“ mangelt: „Zurzeit entspricht die Museumspraxis im Bereich der Vermittlung nicht der Vorstellung einheitlicher Parameter, da sich die institutionellen Rahmenbedingungen in der Realität als außerordentlich heterogen erweisen und wirkliche Standards hier nur schwer erreichbar erscheinen.“ (Anm. 2) Viel weiter scheint man seither nicht gekommen, denn vier Jahre später formuliert der neue DMB-Leitfaden „Bildung und Vermittlung im Museum gestalten“: „Jedes Haus braucht ein eigenes Bildungskonzept, ähnlich wie jedes Museum ein Sammlungskonzept benötigt. Dieses Konzept sollte gemeinschaftlich unter Federführung der Mitarbeiter*innen im Bereich Bildung und Vermittlung entwickelt und von allen mitgetragen werden. Darin sind die Leitlinien und Qualitätskriterien für das eigene Haus festgelegt.“ (Anm. 3) Offen bleibt, wie und wo die spezifisch musealen Kenntnisse mit den schulischen Standards der Kommunikations- und Methodenkompetenz verknüpft werden sollen. Das Land Baden-Württemberg geht nun einen anderen Weg.

Regional, gemeinsam, abgestimmt

Im Herbst 2021 haben sich in Baden-Württemberg haben sich die Landesregierung und Bildungs- und Informationseinrichtungen darauf geeinigt, dass Museen, Gedenkstätten oder Archive noch stärker in den Lehrplan integriert werden: „Schülerinnen und Schüler sollen sich künftig ganz konkret über Geschichte und zum Beispiel über die Erfahrungen mit totalitären Regimen informieren können. Museen, Gedenkstätten oder Landes- und Kreisarchive sollen den jungen Menschen den Aufbau demokratischer Strukturen besser vermitteln. Vor allem eine Auseinandersetzung mit den Ereignissen in der Region der Schülerinnen und Schüler, solle ihr Demokratieverständnis fördern, so die Staatssekretärin Sandra Boser (Grüne) im Kultusministerium beim Festakt zur Unterzeichnung des Beschlusses. Diesen haben neben Boser und dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung ZSL auch das Haus der Geschichte, Archive im Land, sowie die Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und die Landeszentrale für Politische Bildung unterzeichnet.“ (Anm. 4)

Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Sind Museen Bildungseinrichtungen? Ja! Aber wo genau ist ihr Platz innerhalb unserer Bildungssystems?, in: KulturBetrieb, eins 2021, S. 48-49.
Anm. 2: Information – Wissen – Bildung: Das Museum als Lernort, in: Handbuch Museum. Geschichte – Aufgaben – Perspektiven, hrsg. von Markus Waltz, Stuttgart 2016, S. 278 ff.
Anm. 3: Leitfaden Bildung und Vermittlung im Museum gestalten; hrsg. vom Deutschen Museumsbund e.V. und dem Bundesverband Museumspädagogik e.V., Berlin 2020, S. 12.
Anm. 4: Stärkere Einbindung der Museen in den Lehrplan, in: SWR, 09.11.2021; Quelle: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/museen-in-lehrplan-integrieren-100.html ; Abfrage: 07.03.2022

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2022, S. 16.