Diese Webseite nutzt Cookies

Diese Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung des Erlebnisses unserer Besucher. Indem Sie weiterhin auf dieser Webseite navigieren, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.

Brände sind eine ständige Bedrohung für Kulturbetriebe

Auch 2021 brachte große Verluste durch Feuer

Vor sechs Jahren hat dieses Magazin erstmals auf Brände in Archiven, Bibliotheken, Museen u.a. kulturbewahrenden Einrichtungen geschaut. 2015 war die Bilanz mit 19 Vorkommnissen erschütternd. 2016 waren es `nur´ fünf Feuer, drei davon in Deutschland. 2017 waren elf Häuser betroffen, davon neun hierzulande. 2018 wurden 16 Vorfälle gemeldet, davon sechs in Deutschland; 2019 hat es elf Mal gebrannt, davon sechs Mal hierzulande. Bitter auch 2020: Von insgesamt 18 Feuern haben elf (!) in Deutschland gewütet. (Anm. 1) Und 2021?

Totalschaden durch defektes Display

Das Top Mountain Motorcycle Museum gilt als das höchstgelegene Motorradmuseum Europas. Am 18. Januar 2021 ist das an der Mautstation Timmelsjoch gelegene Haus, das weitgehend aus Holz errichtet war, innerhalb weniger Stunden vollständig niedergebrannt. Dabei sind rund 200 Motorräder und 15 Autos den Flammen zum Opfer gefallen. Zu den größten Verlusten des vor allem von Motorradfahrern besuchten österreichischen Museums zählen ein Motorrad von Hillebrand & Wolfsmüller (Baujahr 1894) und eine deutsche Megola (1920er Jahre), die einen Wert von 500.000 Euro gehabt haben soll. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen. Als Brandursache wurde ein technischer Defekt ermittelt. Diesmal allerdings kein Gerät aus der Reihe der „üblichen Verdächtigen“ (Kaffeemaschine, Heizofen usw.), sondern ein Präsentationsmonitor im Bereich der Ausstellungsfläche. Das ist besonders fatal und sollte allen Kulturbetrieben, die elektrische Installationen verwenden, ein Hinweis darauf sein, die Technik regelmäßig von Experten auf Funktionstüchtigkeit und Sicherheit überprüfen zu lassen. Am 18.11.2021 ist das vergrößerte Museum wiedereröffnet worden.

Rio kennen alle, Gungu im Kongo niemand

Von den meisten Bränden in Archiven, Bibliotheken und Museen erfahren wir nichts: Zu weit weg, zu unbekannt, zu klein. Von dem am 3. September 2018 niedergebrannten Nationalmuseum in Rio de Janeiro haben jedoch die meisten gehört. Kulturbetriebe weltweit haben ihre Anteilnahme ausgedrückt und Unterstützung angeboten. Die deutsche Bundesregierung hat eine Soforthilfe in Höhe von einer Million Euro zur Verfügung gestellt. Aber wer weiß von der Brandkatastrophe im National Museum of Gungu / Kongo? Am 4. November 2021 sind dort vermutlich 8.000 bis 9.000 Objekte zerstört worden, einige davon aus dem 18. Jahrhundert. Brandstiftung kann als Ursache nicht ausgeschlossen werden. Obwohl ca. ein Drittel der Bestände betroffen ist, hat dieser Brand in der Demokratischen Republik Kongo nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit erfahren. (Anm. 2) Wie kann das sein? Jede Restitution von Beutekunst aus Afrika wird mit großem Presseaufwand begleitet, auch, um die Wertschätzung gegenüber dem Erbe der afrikanischen Kulturen auszudrücken. Wenn es dagegen im Kongo brennt …

Sechs Brände in deutschen Häusern

Hier eine (unvollständige) Übersicht zu 14 weiteren Bränden in kulturellen Einrichtungen im Jahr 2021 – von denen sich sechs (!) hierzulande ereignet haben.
• Paleis voor Schone Kunsten (Bozar), Brüssel / Belgien (19.01.)
• Kommunalarchiv Krakau / Polen (09.02.)
• Phänomenta, Lüdenscheid (19.03.)
• National Museum, Cardiff / UK (08.04.)
• Jagger Library, Kapstadt / Südafrika (18.04.)
• Chinese History Museum, Lytton / Kanada (05.07.)
• Museumsdorf Cloppenburg, Varrelbusch (21.07.)
• Pori Museum of Art, Pori / Finnland (21.07.)
• Cinemateca Brasileira, São Paulo / Brasilien (30.07.)
• Freilichtmuseum Glentleiten (16.08.)
• Museumsscheune Uetersen / Schleswig-Holstein (11.10.)
• DDR Museum Greiz (18.10.)
• Ramsgate Maritime Museum, Ramsgate / UK (24.11.)
• Museum Weserburg, Bremen (08.12.)

Technischer Defekt, Unglück, Naturgewalt, Achtlosigkeit

Jedes der genannten Brandereignisse ist auf seine Weise einzig. Drei Vorkommnisse sollen dennoch näher betrachtet werden, denn sie zeigen, dass die Ursachen für Brände vielfältig sein können. Bei den verheerenden Waldbränden, die im Sommer 2021 in Kanada gewütet haben, sind auch etliche Gebäude zerstört worden, darunter das Chinese History Museum. Das erst 2017 in Lytton / British Columbia erbaute Holzhaus war der Nachbau eines 1881 errichteten und 1928 abgetragenen „Tempels“ chinesischer Arbeiter, die am Bau der Canadian Pacific Railway beteiligt waren. Das privat betriebene Museum beherbergte rund 1.600 Artefakte, die nun alle verloren sind. (Anm. 3) Opfer eines wohl nicht vorhersehbaren Unglücks ist das finnische Pori Museum of Art am 21. Juli 2021 geworden. Zunächst ist offenbar ein neben dem Museum stehender Lastkraftwagen in Brand geraten. Von dort hat das Feuer auf das Museum übergegriffen. Neben dem Dach sind vor allem der größte Ausstellungsraum und weitere Teile des Gebäudes beschädigt. Die Reparaturen werden wohl zwei Jahre andauern. Kunstwerke sind nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Das 1981 gegründete Haus präsentiert vor allem internationale zeitgenössische Kunst. (Anm. 4)
Am Morgen des 8. Dezember 2021 musste die Feuerwehr zum Museum Weserburg in Bremen ausrücken. Auf der Rückseite des Gebäudes war im Vorraum des Kellers ein Brand ausgebrochen. Dort hatten sich obdachlose Personen ein Schlaflager eingerichtet. Offenbar sind die Habseligkeiten der Personen in Brand geraten. Menschen wurden nicht verletzt und auch das Museum selbst bzw. die Kunst ist nicht beschädigt worden. (Anm. 5)

Aufmerksamkeit, Know-how und Übung

Kulturbewahrende Einrichtungen sind recht häufig von Bränden betroffen. Da dies auch an ihrer oftmals historischen Bausubstanz liegen kann, sollten die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zum baulichen, technischen und betrieblichen Brandschutz streng umgesetzt werden. Darüber hinaus sollten alle Vorschriften zur regelmäßigen und gründlichen Überprüfung der Technik unbedingt beachtet werden. Und, ganz wichtig: Sensibilisieren Sie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses für die Gefahr von Bränden. Das Personal – besonders die Servicekräfte aus den Bereichen Kasse, Information, Aufsicht und Sicherheit – sind die „Augen, Ohren & Nasen“ des Museums. Ihre Kenntnis der organisatorischen Abläufe, der Stärken und Schwächen des Gebäudes bzw. seiner Technik sind wertvolle Informationen, die viel stärker abgerufen und genutzt werden sollten. Das aber setzt voraus, dass das Personal aktiv in die spezifischen Strukturen des Museums eingebunden wird. Entsprechende Übungen und Schulungen gibt es.

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Kulturbetriebe in Flammen. Ein erschütternder Rückblick auf das Jahr 2015, in: KulturBetrieb, eins 2016, S. 50 f; ders., Brand bleibt großes Risiko für Kulturbetriebe, in: KulturBetrieb, eins 2018, S. 52 f; ders., Brandschutz bleibt zentrale Aufgabe für Kulturbetriebe, in: KulturBetrieb, eins 2020, S. 19; ders., Feuer bleicht erschreckend hohes Risiko für Kulturbetriebe, in: KulturBetrieb, eins 2021, S. 30 f.
Anm. 2: Vgl. Alex Greenberger, Congo’s National Museum of Gungu Loses Thousands of Artifacts to Destructive Fire, in: ArtNews, 08.11.2021
Anm. 3: Vgl. Cory Correia, Chinese history museum featuring 1,600 artifacts destroyed in Lytton wildfire, in: CBC News, 05.07.2021
Anm. 4: Vgl. Pori Art Museum faces major repairs - some areas will remain closed for two years, in: Pori Art Museum, 24.08.2021
Anm. 5: Vgl. Pascal Faltermann, Feuerwehr im Einsatz: Obdachlosen-Lager brennt an der Weserburg, in: Weser Kurier, 08.12.2021

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2022, S. 40 f.