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Wertminderung bei Kulturgütern

Sachgerechte Ermittlung benötigt Know-how

Auch bei sorgfältigem Umgang kann es zu Schäden an Kunst- und Kulturgut und infolge dessen zu einer sog. Wertminderung kommen. Was die involvierten Parteien, darunter auch Kulturbetriebe, über die Regelung solcher Schäden wissen sollten, wurde auf dem 5. Kölner Kunstversicherungsgespräch „Wertminderung – Realität oder Fiktion, Fluch oder Segen?“ erörtert. Den äußeren Rahmen für die Veranstaltung bot die 50. Art Cologne.

Jeder Schadensfall ist anders

Hat ein Werk, das beschädigt und fachmännisch restauriert wurde, noch denselben materiellen Wert wie vor dem Schaden? Wenn nein: Wie hoch ist die Abweichung zu veranschlagen? An welchen Parametern bemisst sich die Änderung? Mindert ein Loch von einem Quadratzentimeter Fläche den Wert eines 10 x 10 Zentimeter kleinen Gemäldes um ein Prozent? Oder steigt der Prozentsatz bei einer zentralen Position des Loches bzw. durch die Bedeutung dessen, was verloren ging? Wer legt den neuen Wert fest? Soll, ähnlich wie in den USA, ein Kunstwerk ab einer bestimmten Wertminderung in das Eigentum des Versicherers übergehen? Welche Konsequenzen hätte dies für den Leihverkehr und für öffentliche Kulturbetriebe? Mit diesen und weiteren Fragen haben sich auf Einladung der Zilkens Fine Art Insurancebroker GmbH rund 170 Gäste aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befasst. Auch vor dem Hintergrund steigender Preise (z.B. für zeitgenössische Kunst) ist das Thema Wertminderung nicht nur komplex, sondern auch heikel, denn oftmals sind divergierende Interessen und Kompetenzen zu berücksichtigen: Außer Eigentümern, Händlern und Kuratoren können das z.B. Sachverständige und Restauratoren (oder die urhebenden Künstler) sowie Juristen und Versicherer sein. Neben das Ideelle können handwerkliche, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte treten. Während es den einen auf bestmögliche Reparatur ankommt, versuchen andere, die Höhe des Schadens möglichst exakt zu beziffern und für Dritte kann die Spekulation über Wertentwicklungen des betroffenen Objektes von Belang sein, denn auch Schäden können lukrativ sein. Wie kompliziert es ist, den materiellen Wert von Kulturgut zu erfassen, kennen auch kommunal getragene Kulturbetriebe, z.B. von der Umsetzung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens (Doppik). Anders als bei Gebrauchtwagen (Schwacke-Liste) oder in der Unfallversicherung (Gliedertaxe) gibt es für Kulturgut jedoch kein standardisiertes Verfahren, um Wertminderung zu objektivieren. Zugleich wird von den in Köln versammelten Experten die sog. Benchmark abgelehnt – „von den Vertretern der Sachverständigen, weil diese um ihre Aufgaben fürchten, und von der Assekuranz, weil Kunst zu individuell sei.“ (Anm. 1)

Und die Kulturbetriebe?

Zuverlässige Zahlen über Volumen, Verteilung und Ursachen von Kunstschäden gibt es nicht. Stephan Zilkens schätzt, dass Diebstahl (30%) und Beschädigung (20%) die größten Risiken sind, während Transport, Vandalismus und Feuer- / Wasserschäden je 15% ausmachen. Von rund 25 Prozent aller Schäden in Deutschland sind Museen betroffen, (Anm. 2), sodass Wertminderung auch für öffentliche Kulturbetriebe ein Thema ist. Um Schäden möglichst sachgerecht und zügig zu regulieren, rät Versicherer Dirk Heinrich dazu, Kunst bei spezialisierten Trägern zu versichern und nicht im Rahmen der allgemeinen Sach- und Hausratsversicherung: „Wir haben wöchentlich mit Wertminderung zu tun. Im allergrößten Teil der Schadenfälle – bei wahrscheinlich 80 bis 90 Prozent – finden wir sehr schnell eine Lösung, und auch im verbleibenden Rest geschieht alles einvernehmlich. In den letzten zehn Jahren hatten wir keinen Fall vor Gericht.“ (Anm. 3) Das 6. Kölner Kunstversicherungsgespräch (2017) widmet sich voraussichtlich dem heiklen Thema „Provenienz“.

Dr. Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Keine „Schwacke-Liste” für Kunst, in: Versicherungswirtschaft Heute, 18.04.2016; Quelle: versicherungswirtschaft-heute.de/maerkte/keine-schwacke-liste-fur-kunst/; Abfrage: 19.04.2016
Anm. 2: Stephan Zilkens, Wertminderung – Reales und Irreales in der Kunstversicherung; Eröffnungsvortrag, 5. Kölner Kunstversicherungsgespräch, 15.04.2016, Quelle: http://www.zilkensfineart.com/fileadmin/user_upload/5_KKVG_Vortrag_SZ__Fassung_4.pdf; Abfrage: 19.04.2016
Anm. 3: Monika Lier, Kunstversicherung unter Druck, in: VersicherungsJournal.de, 18.04.2016; Quelle: http://www.versicherungsjournal.de/versicherungen-und-finanzen/kunstversicherung-unter-druck-125472.php?vc=nl&vk=125472; Abfrage: 19.04.2016

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", zwei 2016, S. 74-75.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2016-Ausgabe-2-Mai.pdf