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Wer hat Recht am `Bild vom Bild´?

Reiss-Engelhorn-Museen gewinnen Rechtsstreit gegen Wikimedia

Eigentlich ist die Sachlage klar: Werke gelten als gemeinfrei, wenn ihr Urheberrechtsschutz abgelaufen ist. In der Regel ist das 70 Jahre nach dem Tod des Autors der Fall. (Anm. 1) Wie aber verhält es sich mit fotografischen Reproduktionen von gemeinfreien Werken? Gilt für sie ein neuer Urheberschutz? Ende Mai hat das Landgericht Berlin entschieden.

An „Wagner“ scheiden sich die Geister

Die Reiss-Engelhorn-Museen (REM) bewahren ein Gemälde auf, das den Komponisten Richard Wagner zeigt. Während die Rechte des Dargestellten (1813-83) und des Malers (Cäsar Willich, 1825-86) erloschen sind und nicht zur Debatte stehen, erheben die REM bzw. die Stadt Mannheim Anspruch auf die Rechte an den Fotografien, die ein angestellter Fotograf des Hauses 1992 von dem genannten sowie 16 weiteren Gemälden gefertigt hat. (Anm. 2) Das Museum forderte u.a., die Fotografie des Wagner-Porträts vom Bildarchiv Wikimedia Commons zu löschen, wo das Foto 2006 von einem deutschen Wikipedia-Nutzer eingestellt worden war. Die Positionen der Kontrahenten: „Wikimedia steht auf dem Standpunkt, dass fotografische Reproduktionen von Werken, deren Urheberrechte bereits abgelaufen sind, ebenfalls gemeinfrei sind. Die Reiss-Engelhorn-Museen dagegen beriefen sich darauf, durch die fotografische Reproduktion der Werke ergebe sich ein neuer Schutz – entweder als fotografisches Werk mit vollem Urheberschutz, zumindest aber als einfaches Lichtbild für 50 Jahre ab Erscheinen.“ (Anm. 3) Während eine erste Klage des REM vor dem Amtsgericht Nürnberg im Oktober 2015 gescheitert war, hat das Landgericht Berlin nun im Sinne der Museen entschieden: „Die streitgegenständlichen Fotos unterliegen als Lichtbilder im Sinne des § 72 Abs. UrhG dem Urheberrechtsschutz.“ (Anm. 4)

Keine Lichtbildwerke

Verneint wurde dagegen die Ansicht des REM, wonach es sich bei den Fotografien um sog. „Lichtbildwerke“ handele, die nach Urheberschutzgesetz (UrhG) ebenfalls urheberrechtlich geschützt seien. Diese Position kann z.B. dann geltend gemacht werden, wenn die angefertigten Fotografien das Ergebnis einer eigenständigen schöpferischen Gestaltung sind. Das nun vorliegende Urteil bewertet den konkreten Fall jedoch anders: „Der Gestaltungsspielraum des Museumsfotografen war durch die Aufgabe, eine möglichst originalgetreue Reproduktion des Gemäldes anzufertigen, um es in einem Museumskatalog abbilden zu können, auf eine technisch saubere Umsetzung beschränkt. (…) Einer rein handwerklichen Leistung fehlt unabhängig von ihrer technischen Qualität grundsätzlich die für ein Lichtbildwerk erforderliche Individualität.“ (Anm. 5) Ebenfalls abgewiesen wurde „eine weitere Klage, die sich speziell gegen den deutschen Wikimedia-Verein richtete. Dieser sei für die Inhalte nicht verantwortlich, die auf Plattformen wie Wikimedia Commons angeboten werden. Wie mit den betroffenen Bildern weiter verfahren wird, soll nun die Community um Wikimedia Commons entscheiden. Nach Ansicht von Wikimedia könnten sie weiterhin etwa für Nutzer aus den USA angeboten werden, für Nutzer in Deutschland dagegen ein Hinweis auf fehlende Nutzungsrechte angezeigt werden.“ (Anm. 6) Die Wikimedia-Stiftung hat angekündigt, Widerspruch gegen das Urteil einzulegen.

Dr. Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Vgl. u.a. Carl Christian Müller, Was ist eigentlich … Gemeinfreiheit?, in: KulturBetrieb, vier 2015, S. 98.
Anm. 2: Vgl. Berthold Schmitt, Kulturgut digitalisieren! Aber wie? Wenn Digitalisierung zum Politikum wird, in: KulturBetrieb, eins 2016, S. 79.
Anm. 3: Foto-Reproduktionen: Wikimedia verliert Bilderstreit mit Mannheimer Museum, in: iRights.info. Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt; Quelle: irights.info/artikel/foto-reproduktionen-wikimedia-verliert-bilderstreit-mit-mannheimer-museum/27582; Abfrage: 27.06.2016
Anm. 4: Vgl. Landgericht Berlin, Geschäftsnummer: 15 O 428/15, Urteil vom 31.05.2016, S. 26; Quelle: http://www.mueller-roessner.net/wp-content/uploads/2016/06/anonymisiertes-Urteil.pdf; Abfrage: 27.06.2016
Anm. 5: Ebd., S. 27; vgl. ebenfalls: Carl Christian Müller, Zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Reproduktions-Fotografien, in: KulturBetrieb, drei 2015, S. 84-85.
Anm. 6: Foto-Reproduktionen, ebd.; Abfrage: 27.06.2016

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", drei 2016, S. 84.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2016-Ausgabe-3-August.pdf