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`Selbstständig im Museum´

Zertifikat minimiert Risiko unselbstständiger Beschäftigung

Museen u.a. kulturbewahrende Einrichtungen arbeiten vielfach mit externen Lieferanten und Dienstleistern zusammen. Externe sind tätig in Ausstellungskonzeption, Inventarisierung, Vermittlung und anderen Bereichen. Diese gängige Praxis sorgt inzwischen jedoch für heftige Diskussionen. Spätestens seit 2013, damals ist das TECHNOSEUM in Mannheim erstinstanzlich zu einer Nachzahlung von Sozialabgaben verurteilt worden, (Anm. 1) verunsichert das Thema Scheinselbstständigkeit viele Häuser. Der Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler e.V. (BfK) hat sich mehrfach in die Debatte eingebracht. (Anm. 2) Um „das Risiko einer unselbstständigen Beschäftigung für den Auftraggeber“ zu minimieren, hat der Verband 2018 ein Zertifikat entwickelt.

Wechselseitige Transparenz

Das vom BfK mit anwaltlicher Unterstützung entwickelte Zertifikat zeichnet kulturwissenschaftliche Unternehmen aus, die im Arbeitsbereich Museum tätig sind. Es wird an Selbstständige vergeben, die über ausreichende Expertise für die Arbeit im Museum verfügen – also erfahrene Museumsprofis. Sie müssen mit der korrekten selbstständigen Abwicklung vertraglicher Verpflichtungen vertraut sein, wesentliche betriebliche Standards etwa im Hinblick auf Steuer- und Sozialversicherungsabgaben erfüllen sowie ethischen Verpflichtungen gegenüber Mitarbeiter/innen und Subunternehmer/innen nachkommen und eine ausreichende wissenschaftliche Befähigung nachweisen. Die Kriterien, die die Mitglieds-Unternehmen erfüllen müssen, sind für alle potentiellen Auftraggeber einsehbar, sie gehen aus dem o.g. Zertifikatsantrag hervor. Sie reichen von den Grundlagen für eine selbstständige Auftragsabwicklung über wesentliche betriebliche Standards bis hin zur wissenschaftlichen Expertise. Sie bieten den Museen Gewissheit auf eine Zusammenarbeit mit hochprofessionellen Partnern und sind für unsere Mitglieder eine Messlatte für die eigene Betriebsführung. (Anm. 3)

Kriterienkatalog

„Die Unterscheidung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Beschäftigung stützt sich auf eine Vielzahl von Indizien, an Hand derer stets das tatsächlich gelebte Rechtsverhältnis – mithin der konkret durchgeführte Einzelauftrag – beurteilt wird. Dabei zählen auch Umstände, die in der Person beziehungsweise dem Unternehmen des Auftragnehmers liegen, zu diesen Indizien. [Das Zertifikat bietet] die Möglichkeit, anhand einer Liste zentraler Kriterien den Status der eigenen unternehmerischen Professionalität zu überprüfen und freiwillig durch den Verband bestätigen zu lassen. Dem Auftraggeber bietet das Zertifikat damit die Gewissheit, dass sein Vertragspartner grundsätzlich professionell selbstständig arbeitet und mit den damit verbundenen arbeits‐ und sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen vertraut ist.“ (Anm. 4) Hier eine Auswahl von Kriterien:

• Selbstständige Auftragsabwicklung
Hierzu zählen: stets selbstständige Erfüllung der Aufträge; kein Einsatz, der vergleichbar ist mit Arbeitnehmern des Auftraggebers; eine höchst persönliche Erledigung der geschuldeten Tätigkeit ist regelmäßig ausgeschlossen; Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit ist stets ausgeschlossen; Tätigkeiten basieren stets auf vorher erstellten Kosten- und Leistungsangeboten; tätig für verschiedene Auftraggeber; präsent auf dem freien Markt; Kalkulation auskömmlicher Honorare

• Betriebliche Standards
Dazu gehören: Erfüllung der Steuerpflicht; Führung einer Betriebsnummer; Unterhalt eigener Betriebsstätte; wiederholte Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern und / oder Subunternehmern; Betriebshaftpflichtversicherung; gesetzliche oder private Altersvorsorge und Krankenversicherung

• Wissenschaftliche Standards
Das kann bedeuten: Planung und Durchführung wissenschaftlicher Projekte; Mitgliedschaft in einschlägigen Verbänden wie ICOM oder DMB; regelmäßige Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen

Prüfung und Beurteilung des Antrages beruhen auf einem Punktesystem. Zur Erteilung des Zertifikates müssen mindestens 100 von 140 Punkten erreicht werden. Alle Bfk-Mitglieder, die im Arbeitsfeld Museum arbeiten, können sich zertifizieren lassen. Die Beantragung des Zertifikates ist gebührenpflichtig.
Ziel der Initiative ist es, das „lange gewachsene und etablierte System aus einem Zusammenspiel von festen und freien Kräften“ aufrecht zu erhalten. Zugleich macht der BfK aber auch deutlich: „Eine tatsächliche rechtliche Sicherheit (z.B. gegenüber der Deutschen Rentenversicherung) bietet das Zertifikat nicht.“ (Anm. 5)

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Freie Mitarbeiter in Museen. Ein nicht unproblematisches Feld hinsichtlich Recht und Sozialversicherung, in: KulturBetrieb, eins 2014, S. 60 f.
Anm. 2: Vgl. Jochen Ramming, „(Schein-)Selbstständige“ – Schreckgespenster oder gute Geister? Ein Aufruf zur aktiven Problemlösung des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler e.V., in: KulturBetrieb, zwei 2017, S. 96 f.
Anm. 3: Das BfK-Zertifikat „Selbstständig im Museum“, in: Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler; Quelle: https://www.b-f-k.de/service/museumszertifikat.php; Abfrage: 18.12.2018
Anm. 4: Aus dem Antragsformular „Selbstständig im Museum. Zertifikat des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler (BfK) e.V.“; Quelle: https://www.b-f-k.de/pdf/pdf2018/zertifikat_antrag.pdf; Abfrage: 18.12.2018
Anm. 5: ebd.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 60 f.