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Freier Eintritt im Museum (II)

Eintrittsgelder und Besucherzahlen als Teile eines Größeren sehen

Ob es für einen Kulturbetrieb eher von Vorteil oder von Nachteil ist, freien Eintritt zu gewähren, wird seit Jahren kontrovers diskutiert – meist friedlich. Kürzlich aber wurde die Debatte durch ein unsägliches Vorkommnis überschattet: Wegen des freien Eintritts für Flüchtlinge ist das Freilichtmuseum Hessenpark Opfer eines maßlosen Shitstorms geworden. (Anm. 1) Während meist administrative, finanzielle oder bildungspolitische Kriterien im Fokus stehen, (Anm. 2) könnte die Diskussion neue Impulse erhalten, indem Einnahmen bzw. Besuchszahlen als Teile eines umfassenden Leistungsnachweises verstanden und kommuniziert werden.

»Museum als öffentlicher Raum«

Hierzulande kommt es nicht selten vor, dass Fragen zu administrativen Angelegenheiten kultureller Einrichtungen in dem `Bermudadreieck´ von Bund, Ländern und Kommunen verloren gehen. So wurde in Ausgabe eins 2016 dieser Zeitschrift über eine kleine Anfrage berichtet, die Thomas Sternberg, MdL im Landtag Nordrhein-Westfalen, an die Landesregierung gerichtet hat, um zu erfahren, ob die Projekte Kunsthalle Bielefeld bzw. Folkwang Museum in Essen auf andere Häuser übertragbar seien. (Anm. 3) Dazu teilte das zuständige Ministerium mit, das Land NRW habe „keine Möglichkeiten, die Eintrittsregelungen generell zu beeinflussen“, da sich die Mehrzahl der Museen in kommunaler Trägerschaft befinde. (Anm. 4) Vielleicht hilft ein Blick über die nationalen Grenzen? Im März 2016 erörterten Tobia Bezzola (Museum Folkwang, Essen), Bernd Günter (Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Düsseldorf) und Martin Roth (Victoria and Albert Museum, London) in einem Radiogespräch das wirtschaftliche und praktische Pro und Contra der Vereinnahmung von Eintrittsgeldern. Die unter dem Titel „Offen für alle. Sollen Museen gratis sein?“ geführte Debatte (Anm. 5) zeigte rasch die prinzipiellen Unterschiede zwischen deutschem und britischem Modell. Die Diskutanten verständigten sich darauf, dass Museen sich künftig als »öffentliche Räume« positionieren sollten; als Orte, die man auch deshalb aufsuchen dürfe, weil das Wetter schlecht, die geografische Lage für ein privates Treffen günstig oder das hauseigene Café besonders gemütlich sei – barrierefrei im weiteren Sinne.

Blick für eigene Leistungen schärfen

Um »öffentliche Raum« zu werden, müssten die Museen hierzulande als Unternehmen agieren dürfen, so Martin Roth. Eine zentrale Voraussetzung dafür sei ein Paradigmenwechsel, der die gesamte Institution betreffe. Im weiteren Austausch über die spezifischen Chancen und Risiken einer solchen Entwicklung wies Bernd Günter darauf hin, dass Eintrittsgelder und Besucherzahlen nur zwei Kennziffern der weitaus komplexeren `Gesamtstruktur Museum´ seien. Viel zu selten würden Kulturbetriebe das komplette Spektrum an Leistungen beschreiben und kommunizieren, das sie im Auftrag der Öffentlichkeit erbringen. Eine Zielstellung müsse es deshalb sein, von einer verkürzenden Darstellung der Kosten zu einer breiten Diskussion über Leistungen zu kommen. Museen sollten sich selbst und anderen gegenüber konsequent und nachvollziehbar Rechenschaft (Controlling) darüber ablegen, was sie alles tun. Welche Strategien und Instrumente dafür bereit stehen, wird Thema kommender Ausgaben von KulturBetrieb sein.

Dr. Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Freier Eintritt im Museum. Initiative eines Museums löst bösartigen Shitstorm aus, in vorliegender Ausgabe von KulturBetrieb.
Anm. 2: Vgl. u.a. Freier Eintritt ins Museum? Eine alte, immer neue Diskussion. Anja Schaluschke, im Gespräch mit Bernd Günter, in vorliegender Ausgabe von KulturBetrieb; Silke Eilers, Eintritt frei? – Die Bedeutung von Eintrittsregelungen für kommunale und vereinsgetragene Museen, in: Museumskunde, Bd. 80, 2/2015, S. 82-88.
Anm. 3: Vgl. ders., Freier Eintritt im Museum. Lernen von den Bibliotheken? Eine kleine Anfrage im Landtag von Nordrhein-Westfalen, in: KulturBetrieb, eins 2016, S. 82 f.
Anm. 4: Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4091 vom 24.11.2015, Landtag NRW, Drucksache 16/10528; Quelle: http://www.thomas-sternberg.de/image/inhalte/file/16-10528.pdf; Abfrage: 12.04.2016
Anm. 5: SWR2 Forum, Moderation Susanne Kaufmann, 07.03.2016; http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/sollen-museen-gratis-sein-offen-fuer-alle/-/id=660214/did=17072464/nid=660214/113sv0z/index.html; Abfrage: 30.03.2016

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", zwei 2016, S. 72.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2016-Ausgabe-2-Mai.pdf