Bibliotheken, Archive, Museen u.a. kulturbewahrende Einrichtungen sind nicht nur Orte der geistigen Auseinandersetzung, sondern auch wirtschaftliche Betriebe, die sich mitunter den Realitäten der Ökonomie, vor allem aber den Vorschriften des Finanzministeriums stellen müssen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr, kurz: KassenSichV.
Geschäftsvorfälle müssen dokumentiert und gespeichert werden
Ob Eintrittskarte, Ausleihe in der Bibliothek, Mitbringsel aus dem Shop oder einfach eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen im Restaurant – in vielen kulturellen Einrichtungen geht es auch ums Geld und damit um die sog. steuerrechtliche Mitwirkungspflicht bei aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfällen. Als Symbol für die Verordnungsfreude der Finanzbehörden gilt die Bonpflicht, die in der KassenSichV geregelt ist und seit dem 1. Januar 2020 auch in Deutschland gilt. Demzufolge muss jeder Unternehmer seinen Kunden bei allen Transaktionen einen Beleg aushändigen, der sowohl in Papierform als auch in digitaler Form erteilt werden kann. Anders als z.B. in Italien besteht hierzulande lediglich die Pflicht, den Beleg auszugeben, nicht jedoch die Pflicht des Kunden, den Beleg mitzunehmen. (Anm. 1)
Entscheidender aber: Elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne der Abgabenordnung, d.h. elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen (nicht aber Waren- und Dienstleistungsautomaten oder Kassen- und Parkscheinautomaten der Parkraumbewirtschaftung), müssen den sog. Geschäftsvorfall präzise dokumentieren und speichern: „Für jede Aufzeichnung eines Geschäftsvorfalls oder anderen Vorgangs im Sinne des § 146a Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung muss von einem elektronischen Aufzeichnungssystem unmittelbar eine neue Transaktion gestartet werden. Die Transaktion hat zu enthalten: 1. den Zeitpunkt des Vorgangbeginns, 2. eine eindeutige und fortlaufende Transaktionsnummer, 3. die Art des Vorgangs, 4. die Daten des Vorgangs, 5. die Zahlungsart, 6. den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung oder des Vorgangsabbruchs, 7. einen Prüfwert sowie 8. die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls. Die Zeitpunkte (…), die Transaktionsnummer (…) und der Prüfwert (…) werden manipulationssicher durch das Sicherheitsmodul festgelegt. Die Transaktionsnummer muss so beschaffen sein, dass Lücken in Transaktionsaufzeichnungen erkennbar sind. (…) (1) Die Speicherung der laufenden Geschäftsvorfälle oder anderen Vorgänge (…) muss vollständig, unverändert und manipulationssicher auf einem nichtflüchtigen Speichermedium erfolgen. (2) Die gespeicherten Geschäftsvorfälle oder anderen Vorgänge (…) müssen als Transaktionen so verkettet werden, dass Lücken in den Aufzeichnungen erkennbar sind.“ (Anm. 2)
Nicht ohne Technische Sicherheitseinrichtung (TSE)!
Um die in der KassenSichV definierten Ziele zu erreichen, müssen elektronische oder computergestützte Kassensysteme bzw. Registrierkassen seit dem 1. Januar 2020 grundsätzlich über eine zertifizierte TSE verfügen. Das ist ein Sicherheitsmodul, das der vollständigen, unveränderbaren und manipulationssicheren Aufzeichnung aller Kassenvorgänge dient. Technische Sicherheitseinrichtungen müssen von einer Prüfstelle zertifiziert werden, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) akkreditiert wurde. Weiterer Bestandteil der KassenSichV ist die Meldepflicht der Kassen beim zuständigen Finanzamt. Die Meldung hat innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme der Kasse nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck zu erfolgen. Darin müssen u.a. dokumentiert sein: Name und Steuernummer des Steuerpflichtigen, Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, Art, Anzahl und Seriennummer der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme, Datum der Anschaffung bzw. Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems. Darüber hinaus ist in der KassenSichV die Pflicht zur Überlassung der Daten für Außenprüfung oder Kassen-Nachschau geregelt. (Anm. 3)
Noch keine Mitteilungspflicht über Anmeldung der Kasse
Aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle müssen grundsätzlich dem zuständigen Finanzamt mitgeteilt werden. Allerdings ist der zur Anmeldung benötigte Vordruck bislang noch nicht veröffentlicht worden. Deshalb heißt es in der Abgabenordnung (AO) einstweilen: „Die Mitteilungspflicht nach § 146a Absatz 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit ausgesetzt. Der Zeitpunkt des Einsatzes der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit wird im Bundessteuerblatt Teil I (voraussichtlich im Jahr 2023) gesondert bekannt gegeben. Erst nach erfolgter Bekanntgabe kann die Mitteilungsverpflichtung nach § 146a Absatz 4 AO wirksam erfüllt werden.“ (Anm. 4)
Übergangsfrist am 31. Dezember 2022 abgelaufen
Für bestimmte Registrierkassen, z.B. für solche, die aufgrund ihrer Bauart nachweisbar nicht umrüstbar sind und vor dem 1. Januar 2020 angeschafft wurden, galt eine Übergangsfrist, die nun jedoch abgelaufen ist. Seit dem 1. Januar 2023 ist es demzufolge untersagt, elektronische Kassen – ob einzeln, oder als Kassensystem – zu verwenden, die aus technischen Gründen nicht in der Lage sind, eine TSE zwischenzuschalten. Dagegen bleibt der Betrieb sog. offener Ladenkasse einstweilen gestattet. „Wer eine solche besitzt, muss sich keine elektronische Kasse anschaffen. Deshalb können Verkaufswagen, Buden und Wochenmarktstände auch weiterhin ihre analogen Kassen nutzen. Wichtig hierbei ist, dass täglich ein genauer Kassenbericht geführt werden muss. Dieser muss es ermöglichen, dass bei einer Kassennachschau durch das Finanzamt die Tageseinnahmen nachvollziehbar sind. Eine Belegausgabepflicht besteht jedoch nicht. Der detaillierte Kassenbericht entfällt, wenn das Unternehmen als Kleingewerbetreibender oder Einzelhandelskaufmann unterhalb der Bilanzierungsgrenze liegt.“ (Anm. 5)
Zuwiderhandlungen können empfindlich bestraft werden: Wer z.B. ein aufrüstbares Kassensystem noch nach dem 31. Dezember 2022 verwendet, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld belegt ist. Hintergrund für die nun auch in Deutschland verschärfte Kassensicherungsverordnung: Der jährliche Schaden hierzulande durch fehlende Buchungen, manipulierte Kassen und inkorrekt abrechnende Software wird auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt.
Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Bonpflicht nicht nur für Brötchen. Viele Branchen und Bereiche betroffen – auch Museen, in: KulturBetrieb, eins 2020, S. 40 f.
Anm. 2: Vgl. Paragraph 1 ff Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – KassenSichV), Bundesministerium der Justiz, Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/kassensichv/__1.html ; Abfrage: 01.02.2023
Anm. 3: Vgl. Kassensicherungsverordnung, in: Wikipedia
Anm. 4: Bundesministerium der Finanzen: Das Kassengesetz für mehr Steuergerechtigkeit: Belegausgabepflicht stärkt Transparenz und hilft gegen Steuerbetrug, 05.10.2022; Quelle: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2020-02-18-steuergerechtigkeit-belegpflicht.html ; Abfrage: 02.02.2023
Anm. 5: Sabine Preusser, Ab 2023 keine Registrierkassenpflicht – aber Verpflichtung zur TSE, in: Sage, 07.12.2023; Quelle: https://www.sage.com/de-de/blog/ab-2023-keine-registrierkassenshypflicht-aber-verpflichtung-zur-tse-fy23/ ; Abfrage: 02.02.2023
Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2023, S. 66 f.