Die Corona-Pandemie hat u.a. dazu geführt, dass vorübergehend oder womöglich sogar dauerhaft mehr Menschen im Homeoffice bzw. mobil arbeiten. Auch in Kulturbetrieben will man so zum einen die Verbreitung des Virus verlangsamen und zum anderen die sog. Work-Life-Balance erhöhen. Was man bisher beobachten kann: Da die Zahl der Unfälle am heimischen Arbeitsplatz gestiegen ist, wurde der Unfallversicherungsschutz erweitert; (Anm. 1) die Berufstätigen sind überwiegend zufrieden mit der Tätigkeit im Homeoffice.
Einweisung ist vorgeschrieben
Jeder Arbeitgeber ist zum Schutz von Leben und Gesundheit der für ihn tätigen Arbeitnehmer verpflichtet. Dazu gehört u.a. die Unterweisung zu Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Diese Pflicht ergibt sich aus §4 der DGUV-Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ sowie aus §12 des Arbeitsschutzgesetzes. Unterweisungen sind aber nicht nur am Arbeitsplatz im Unternehmen selbst durchzuführen, sondern auch an den Arbeitsplätzen im Homeoffice! Da hier meist die Arbeit am Bildschirm im Zentrum steht, geht es bei den entsprechenden Unterweisungen in erster Linie um den Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel (z.B. die richtige Auswahl und Nutzung eines Headsets) oder um sicher verlegte Anschlusskabel des Computers. Weitere wichtige Themen bei der Arbeit im Homeoffice sind die Arbeitsabläufe, die auch Ruhe- und Bewegungspausen umfassen, sowie die räumliche Umgebung, die sich z.B. psychosozial auswirken kann. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) informiert darüber, wie das gelingen kann und was dabei zu beachten ist.
Variabel, regelmäßig und dokumentiert
„Ziel einer Unterweisung ist in erster Linie, Beschäftigte zu informieren, zu qualifizieren, anzuweisen, aber auch zu motivieren, um ein sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten zu erreichen. (…) Bezüglich der Vorgehensweise gibt es für die Unterweisung zunächst keine Vorgaben dazu, welche Unterweisungsmethode gewählt werden sollte. (…) Die Vorgehensweise sollte sich nach den Unterweisungsinhalten und den -anlässen richten. Zu beachten ist auch, dass die Unterweisung mindestens einmal jährlich zu wiederholen ist. (…) Aber auch bei besonderen Anlässen, wie etwa bei der Einführung neuer Arbeitsverfahren oder nach einem Arbeitsunfall, ist eine Unterweisung durchzuführen. Was nicht vergessen werden darf, ist, dass bereits vor Aufnahme einer Tätigkeit eine Erstunterweisung durchgeführt werden muss. (…) Die alleinige Übergabe von Unterlagen zum Selbststudium, ohne eine Möglichkeit zu einem ergänzenden mündlichen Kontakt, reicht nicht aus. Außerdem muss sich die für die Unterweisung verantwortliche Person anschließend vergewissern, dass die Unterweisung auch erfolgreich war, also sich die unterwiesene Person dementsprechend verhält. (…) Der Unternehmer oder die Unternehmerin muss über schriftliche Unterlagen verfügen, um nachweisen zu können, dass die Unterweisung durchgeführt wurde. Das kann z.B. durch eine Bestätigung der unterwiesenen Beschäftigten geschehen, wann sie über welche Themen und durch wen unterwiesen wurden. Eine handschriftliche Unterschrift ist meist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben.“ (Anm. 2)
Überwiegend positive Erfahrungen mit Homeoffice, aber der Rücken …
Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) hat durch Forsa 1.000 Beschäftigte befragen lassen, wie sich die Arbeit im Homeoffice auf die Beschäftigten auswirkt. „Demnach haben 61 Prozent der Arbeitnehmer, die ihren Bürojob schon einmal von zu Hause oder einem anderen Ort aus erledigt haben, überwiegend positive Erfahrungen gemacht – nur ein Fünftel hingegen negative. Als Pluspunkt bei der Arbeit daheim empfindet die überwiegende Mehrheit der Befragten (70 Prozent) die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vier von zehn Berufstätigen mit Homeoffice-Erfahrung beobachten darüber hinaus, dass sich das Arbeiten zu Hause auf ihren Gesundheitszustand auswirkt: Während es jedem Fünften damit körperlich und geistig besser geht, hat sich bei ebenso vielen das Wohlbefinden verschlechtert. Auf Platz eins der positiven Effekte sehen diejenigen, bei denen sich die heimische Büroarbeit gesundheitlich bemerkbar macht, die Stressreduktion: 34 Prozent fühlen sich dadurch weniger erschöpft beziehungsweise haben seltener das Gefühl, gestresst und ausgebrannt zu sein.
Auf der Liste der negativen Folgen stehen Rückenschmerzen und Muskelverspannungen klar an erster Stelle. `Auch psychische Belastungen können Verspannungen und Schmerzen auslösen´, erläutert KKH-Wirtschaftspsychologin Antje Judick. Laut Umfrage schlägt tatsächlich jedem fünften Berufstätigen die Arbeit am heimischen Rechner auf die Seele. Bei den Betroffenen haben dadurch Beschwerden wie Niedergeschlagenheit oder gar Depressionen zugenommen. `Viele Beschäftige setzen sich darüber hinaus selbst Druck´, erläutert die Wirtschaftspsychologin. So hat jeder vierte Befragte mit Homeoffice-Erfahrung das Gefühl, zu Hause noch mehr leisten zu müssen als im Büro, um im Job Präsenz zu zeigen. Durch Homeoffice verschwimmen außerdem die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben immer mehr, etwa wenn es durch den Wegfall des Arbeitsweges vom Bett direkt an den Rechner geht und weit nach Feierabend noch berufliche Anrufe und Mails erledigt werden. Das macht es vielen Berufstätigen schwer, neue Energie für den Alltag zu tanken. Die Folge: Die Betroffenen fühlen sich ausgebrannt und sind chronisch erschöpft.“ (Anm. 3)
Auf dem Weg zur Vielsitzer-Nation
Auf Beschwerden an Rücken, Muskeln und Gelenken entfallen rund ein Viertel aller Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland. Das liegt auch daran, dass wir zu viel sitzen und uns zu wenig bewegen. Der DKV-Report 2021 hat ermittelt, dass die Deutschen zunehmend sedentär werden. Inzwischen sitzen wir durchschnittlich 8,5 Stunden pro Werktag – eine Stunde mehr als 2018 (S. 28/29). Beschäftigte im Homeoffice gönnen sich zudem zu wenige Erholungs- und Bewegungszeiten: „Arbeiten die Deutschen im Homeoffice, gönnen sie sich kaum Sitzpausen – und das obwohl 82 Prozent von ihnen angeben, genug Zeit für Sitzunterbrechungen bei der Arbeit zu haben. Auch stimmen 61 Prozent der Aussage zu, dass es schlecht für ihre Gesundheit sei, wenn sie die meiste Zeit im Homeoffice sitzen. Dennoch haben Bewegungspausen für fast die Hälfte aller Homeoffice-Nutzer (46 Prozent) eine geringe Priorität. (…) 43 Prozent der Befragten im Homeoffice finden es im Vergleich zum Arbeiten im Büro übrigens schwieriger, ihre Sitzzeit zu reduzieren. Außerdem sagen 59 Prozent der Menschen, die im Homeoffice tätig sind, dass sie keine Unterstützung von ihrem Arbeitgeber erhalten, um ihre Sitzzeiten zu reduzieren.“ (Anm. 4)
Fokus auf Gesundheit im Homeoffice verstärken
Um ihr Wohlbefinden zu stärken, sollten besonders auch die Beschäftigten im Homeoffice alles dafür tun, die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes und das Verhalten daran zu optimieren. Dazu gehören ein ergonomischer Arbeitsplatz und bedarfsgerechte Präventionsmaßnahmen, etwa aktive Pausen und spezifische Rückenübungen. Wir alle sollten uns mehr Zeit für regelmäßiges Durchatmen und Bewegung nehmen.
Literatur zur Prävention im Homeoffice (Auswahl)
• Unterweisung im Homeoffice
• CHECK-UP Homeoffice
• Arbeiten im Homeoffice – nicht nur in der Zeit der SARS-CoV-2-Epidemie
• Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung (DGUV Information 215-410)
Alle genannten Publikationen unter: www.dguv.de/publikationen Darüber hinaus halten viele Krankenkassen wertvolle Tipps für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz bereit.
Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb
Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Arbeitsunfall im Homeoffice: Versichert oder nicht? Es kommt auf die konkreten Umstände an! in vorliegender Ausgabe von KulturBetrieb.
Anm. 2: Anja Hanssen, Unterweisung auch fürs Homeoffice, in: BGWmagazin. Für ein gesundes Berufsleben, 1/22, S. 18 ff.
Anm. 3: Home Sweet Homeoffice: Was das mit Arbeitnehmern macht, in: KKH Kaufmännische Krankenkasse, 05.02.2022; Quelle: https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/homeoffice ; Abfrage: 10.02.2022
Anm. 4: Der DKV-Report 2021: Wie gesund lebt Deutschland?, Köln 2021; Quelle: https://www.ergo.com/de/Newsroom/Reports-Studien/DKV-Report ; Abfrage: 10.02.2022
Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2022, S. 66 f.