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Handyfotos im Museum

Illegal oder willkommener Besuchsanreiz?

Seit längerem herrscht bei den Leitungen von Museen u.a. kulturellen Institutionen erhebliche Unsicherheit darüber, wie mit Besuchern umzugehen ist, die Ausstellungsstücke fotografieren. Mit der massenhaften Verbreitung von Smartphones hat dieses Phänomen stark zugenommen und stellt Museumsmanagement und Aufsichtspersonal häufig vor Herausforderungen.

Gute alte, analoge Zeit?

Zu Zeiten der analogen Fotografie war es eher die Ausnahme, dass Hobbyfotografen z.B. in einer Kunstausstellung ihre Kamera in Stellung brachten, um Exponate abzulichten. Auch hier konnte es zu Konflikten zwischen Fotograf und Aufsicht kommen; eine für alle Beteiligten unangenehme Szenerie. Angesichts der heute omnipräsenten digitalen Begleiter, die längst nicht nur von der sog. digital native-Generation mitgeführt werden, stellt sich die Frage noch wesentlich dringender: Muss eine Museumsleitung wirklich ein striktes Fotografieverbot verhängen und durchsetzen, notfalls mit Platzverweisen und ähnlichen drakonischen Maßnahmen? Müssen die Service- und Aufsichtskräfte fotografierwillige Besucher zur Rede stellen und sie ggf. zur Löschung der Aufnahmen auffordern? Soll wirklich jeder Gast am Eingang ein Formular unterschreiben, mit dem er gelobt, auf das Schießen von Fotos zu verzichten? Wenn Museumsleitungen sich aus diffusen Gründen „gezwungen“ sehen, Ausstellungsbesucher zu überwachen und zurechtzuweisen, so liegen sie in der Regel nicht richtig, jedenfalls solange sie sich nicht hierzu verpflichtet haben, etwa gegenüber Leihgebern. Auch hierfür besteht kein zwingender Grund, weswegen entsprechende Vertragsklauseln, wenn sie von Leihgebern vorgeschlagen werden, nicht kritiklos hingenommen werden müssen. Das Eigentum an Sachen, wie auch Kunstwerken, reicht in Bezug auf deren Abbildungen nicht weiter als das Urheberrecht. Und letzteres ist nicht nur zeitlich befristet (bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers), sondern es sieht auch im Interesse der Allgemeinheit eine Reihe weiterer Ausnahmen (sog. Schranken) vor. So dürfen beispielsweise Medien auch ohne ausdrückliche Erlaubnis über eine neue Ausstellung (bzw. deren Eröffnungsveranstaltung) berichten und dabei auch Exponate abbilden. Die häufig zu beobachtende Verunsicherung ist zum Teil auf jüngere Gerichtsurteile zurückzuführen, die mitunter missverstanden oder falsch interpretiert werden. So hat z.B. der Bundesgerichtshof in Sachen „Preußische Gärten und Parkanlagen I und II“ vereinfacht gesagt entschieden: Öffentliche Eigentümer historischer Stätten (im konkreten Fall: Sanssouci) dürfen die gewerbliche Verwendung von Gebäudeaufnahmen von einer entgeltlichen Fotografieerlaubnis abhängig machen. Diese Rechtsprechung wurde, m.E. zu Recht, als inkonsequent kritisiert. Einzelheiten sollen an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Die Praxis in den Kultureinrichtungen zeigt, dass eine „liberalere“ Haltung gegenüber „Smartphone-Fotografen“ möglich ist. Während manche Museen noch an Verboten und Kontrollen festhalten, fordern andere Häuser längst dazu auf, den Ausstellungsbesuch zu dokumentieren – mit gutem Erfolg, gerade bei jüngeren Besuchern.

Darf oder muss ein Museum sein Hausrecht ausüben?

Ob man nun der Auffassung zustimmt, ein Museum könne aufgrund seines Hausrechts Fotografien verbieten oder nicht – es ist keineswegs verpflichtet, das Hausrecht in dieser Weise auszuüben. Juristisch liegt es so: aufgrund des Rechts zur Privatkopie (§ 53 UrhG) ist es grundsätzlich jedem gestattet, Kunstwerke zu fotografieren, und zwar unabhängig davon, ob diese urheberrechtlich noch geschützt sind oder der Künstler bereits 70 Jahre verstorben ist und seine Werke somit gemeinfrei geworden sind. Die Grenze des Zulässigen ist erst dann überschritten, wenn derartige Fotos über den engen Familien- und Bekanntenkreis hinaus weitergegeben oder heutzutage vor allem: ins Internet geladen werden. Dies sind Nutzungsarten, die nach dem Urheberrechtsgesetz zustimmungspflichtig sind. Muss man also ein vollständiges Fotografieverbot verhängen, einzig aus der Befürchtung heraus, die so gewonnenen Bilder könnten später unkontrolliert verbreitet werden? In rechtlicher Hinsicht ist man dazu nicht verpflichtet, denn für solche Handlungen ist der/die Fotografierende selbst verantwortlich, nicht hingegen das Museum. Das Blitzen sollte jedoch ausgeschlossen werden, schon aus konservatorischen Gründen. Zudem stört es die anderen Besucher erheblich. Aus diesem Grund ist es natürlich auch zulässig, den Einsatz sperriger Ausrüstung (Stative etc.) zu untersagen oder von einer Genehmigung abhängig zu machen.

Klare Regeln – einsichtige Besucher

Museen sollten die Besucher auf diese Punkte hinweisen. Hierfür eignen sich am besten gut lesbare Hinweisschilder mit wenigen, klar formulierten Regeln, wie etwa:
1. Fotoaufnahmen bitte nur ohne Blitz und ausschließlich zu privaten, nicht gewerblichen Zwecken!
2. Die Weitergabe und der Verkauf der Fotos von urheberrechtlich noch geschützten Kunstwerken sowie deren Upload im Internet stellt eine Urheberrechtsverletzung dar, die von den Künstlern und Rechteinhabern juristisch verfolgt werden kann. Hierfür können Ihnen hohe Kosten entstehen.
3. Achten Sie bitte die Privatsphäre anderer Besucher und fotografieren Sie diese nicht ohne deren Einwilligung. Fotos, auf denen andere Besucher zu sehen sind, dürfen Sie nicht weiterverbreiten.

Die Erfahrung zeigt, dass solche knappen, eindeutigen Regeln beim Publikum eine wesentlich höhere Akzeptanz erfahren als langatmige Hausordnungen und Allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese entfalten ohnehin nur dann rechtliche Wirkung und sind somit durchsetzbar, wenn die Besucher von ihnen überhaupt Kenntnis nehmen können und ausdrücklich auf sie hingewiesen wird.

Bedeutet ein solches Vorgehen letztlich bloß eine Kapitulation vor der normativen Kraft des Faktischen bzw. eine Preisgabe höchstkarätiger Kunstwerke an eine (Un-) Kultur der maßlosen und massenhaften digitalen Vervielfältigung ohne Sinn und Verstand? Solche kulturpessimistischen (und rechtlich nicht begründeten!) Befürchtungen sind m.E. fehl am Platz, auch wenn man diesbezüglich geteilter Auffassung sein kann. Jedenfalls sind Smartphones zweifellos Bestandteil der heutigen Alltagskultur. Sie übermäßig zu reglementieren, bedeutet letztlich auch: weite Besuchergruppen zu vergraulen, nämlich gerade jene, die es heutzutage gewohnt sind, sich ihre Umwelt durch zahlreiche Handy-Schnappschüsse „anzueignen“. Das kann nicht die Aufgabe zeitgemäßer Museumsarbeit sein.

 

Jan-Alexander Fortmeyer, Rechtsanwalt
www.fortmeyer.de

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", zwei 2016, S. 64-65.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2016-Ausgabe-2-Mai.pdf

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