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Betrieblich-organisatorischer Brandschutz

Teil 1: Flucht- und Rettungspläne

Um Entstehung bzw. Ausbreitung von Bränden möglichst zu verhindern, gibt es den sog. vorbeugenden Brandschutz. Dazu gehören neben baulichen und anlagentechnischen Maßnahmen auch organisatorische Belange. Bei Letzterem ist der Flucht- und Rettungsplan von zentraler Bedeutung – gerade in öffentlichen Einrichtungen.

Keine lästige Notwendigkeit!

Nicht wenige betrachten Flucht- und Rettungspläne als unästhetisches Übel, das obendrein niemand wahrnimmt. Diese Einschätzung sollte aber nicht dazu verleiten, in Archiven, Bibliotheken oder Museen auf die Kennzeichnung zu verzichten. Die Bedeutung des Flucht- und Rettungsplans ist enorm, denn er ist eines der wenigen sichtbaren Bindeglieder zwischen den Menschen im Gebäude und dem genau für diese Anlage erstellten Brandschutzkonzept. Der Flucht- und Rettungsplan ist ein auf das Wesentliche reduzierter Grundriss eines Geschosses oder einer Anlage; er enthält eine Fülle von Informationen, darunter Verlauf der Flucht- und Rettungswege, Lage der Notausgänge oder Standort des Betrachters. Die Notwendigkeit für die Pläne ergibt sich aus Rechtsvorschriften für Sonderbauten und aus dem Arbeitsstättenrecht. (Anm. 1) Die Grundidee ist einerseits, in Arbeitsstätten ein hohes Sicherheitsniveau zu schaffen. Insbesondere bei Einrichtungen mit nicht eindeutiger Fluchtwegführung sollen die Mitarbeiter die Pläne kennen, um sich im Notfall selbst zu retten oder um Dritten zu helfen. Gut geeignet für die Vermittlung dieser Kenntnisse ist z.B. die jährliche Brandschutzbelehrung. Bauordnungsrechtlich werden die Pläne entweder im Rahmen eines Brandschutzkonzepts oder als Auflage aus Baugenehmigungen gefordert. Für öffentliche Gebäude sind in der Regel immer Flucht- und Rettungspläne zu erstellen und anzubringen. Sie dienen auch dazu, dass ortsunkundige Personen sich selbst über die Anlage und ihre Fluchtwege informieren können. Das gilt besonders für Museen, Bibliotheken und Archive, die einen hohen Anteil an Publikumsverkehr haben. Auch wenn sich in der Praxis nicht jeder Mitarbeiter oder Besucher mit den Plänen befasst, sollte nicht auf diesen wesentlichen Bestandteil der Sicherheitsausstattung verzichtet werden.

Aktuelle Gestaltung beachten

Seit 2012 gilt die DIN ISO 23601:2010-12 „Sicherheitskennzeichnung – Flucht- und Rettungspläne“. Die internationalen Sicherheitszeichen informieren über die relevanten Fluchtwege, über die Evakuierung und über Brandbekämpfungseinrichtungen. Um unabhängig von bestimmten Sprachen verstanden zu werden, sind die Pläne auf wenige Worte beschränkt und die Regeln für das Verhalten im Notfall sind eindeutig und in kurzer, prägnanter Form dargestellt. Die Europanorm ersetzt die zuvor für Deutschland gültige DIN 4844, zu der es wesentliche Unterschiede gibt, z.B. bei Farben, Gestaltung und Größen einzelner Symbole oder zur Anbringung der Schilder. Auf Anfrage stellt das IBB Ingenieurbüro Bautechnischer Brandschutz gerne eine Übersichtstabelle zu den Änderungen zur Verfügung.

Wo ist der richtige Ort?

Flucht- und Rettungspläne sind an gut sichtbaren Stellen anzubringen. Dafür empfehlen sich in der Regel Bereiche, die weitere brandschutzrelevante Belange vorhalten, wie z.B. Feuerlöscher oder Handtaster für Brandmeldeanlagen. Einerseits macht es Sinn, die Pläne in der Nähe der Notausgänge anzuordnen, andererseits auch in Bereichen, die Besucher und Nutzer des Gebäudes gut einsehen können oder planmäßig aufsuchen. Eine ganz nette und fetzige, jedoch sehr außergewöhnliche Idee ist es, die Flucht- und Rettungspläne z.B. an WC-Innentüren zu montieren. Weitere Möglichkeiten sind die Rückseiten von Einlasstickets oder Ausstellungsführern oder als Anlage von Benutzer- bzw. Hausordnungen.

Zukunftsvisionen

Da der Schutz von Menschenleben ein hohes Gut ist, werden Gestaltung, Anbringung und Information über Flucht- und Rettungspläne ständig überprüft und weiter entwickelt. Dazu hat Jörg Seidel einige Möglichkeiten vorgeschlagen: „In bestimmten baulichen Anlagen wie Hotels, Seminar- und Konferenzzentren, Kinos und Theatern ggf. auch Museen könnten Kurzfilme zum vorbeugenden Brandschutz mit animierten Fluchtwegdarstellungen förderlich sein, wie es ähnlich in Flugzeugen oder Kreuzfahrtschiffen heute schon umgesetzt wird. Zur Sensibilisierung von Beschäftigten (oder anderen Personengruppen) für den vorbeugenden Brandschutz sind auch Bildschirmschoner denkbar, auf denen der Flucht- und Rettungsplan, die Brandschutzordnung und weitergehende Sicherheitsanweisungen bzw. Hinweise abwechselnd dargestellt werden. Es ist auch eine automatische Ansteuerung von Bildschirmarbeitsplätzen parallel zu einer im Gebäude installierten dynamischen Fluchtweglenkung mit akustischer Alarmierung vorstellbar. Auf diesem Bildschirm könnte im Gefahrenfall zusätzlich auf den Alarm aufmerksam gemacht werden, verbunden mit dem Hinweis, welcher Fluchtweg zu verwenden ist und wo sich die Sammelstelle befindet. Dieses System könnte auch zur Unterstützung einer geordneten geschossweisen Evakuierung eingesetzt werden. Weiter vorstellbar wären für sehr große, komplexe bauliche Anlagen auch Systeme, die eine individuelle, mobile Gebäudenavigation bzw. eine individuelle Fluchtweglenkung gekoppelt mit der dynamischen Fluchtwegsteuerung unterstützen.“ (Anm. 2) In Kultureinrichtungen könnten Informationen über den vorbeugenden Brandschutz und über Flucht- und Rettungspläne auch auf Displays bereitgestellt werden. Im Normalbetrieb würden parallel dazu Informationen zu Ausstellungen oder Events kommuniziert. Im Notfall erfolgt eine starre Umschaltung auf Flucht- und Rettungsplan.

Marco Schmöller, Inhaber IBB Ingenieurbüro Bautechnischer Brandschutz
www.schmoeller-brandschutz.de

IBB Ingenieurbüro Bautechnischer Brandschutz ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren" (www.riegel-preis-kulturbewahren.de)

Anm. 1: Technische Regeln für Arbeitsstätten: Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan (ASR A2.3)
Anm. 2: Organisatorischer Brandschutz – Flucht- und Rettungspläne, Masterarbeit an der Hochschule Zittau/Görlitz und EIPOS, 2011

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", vier 2016, S. 72-73.

Link: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2016-Ausgabe-4-Oktober.pdf

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