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Vitrinen schützen! Auch wenn es brennt?

Grundlagenermittlung zum Verhalten von Ausstellungsvitrinen im Brandfall

Was tun, wenn es im Museum brennt? Soll die Feuerwehr in der Akutphase des Ereignisses Exponate aus Vitrinen entnehmen? Ohne Kenntnisse über das Kulturgut und den Aufbau des Schaukastens? Oder ist die Vitrine der bessere Schutz für die Ausstellungsstücke? Da Feuerwehr und Kultureinrichtungen bislang wenig Erfahrung zum Verhalten von Ausstellungsvitrinen im Brandfall haben, hat die Arbeitsgruppe Notfallverbund für Weimar im Gefahrenschutzzentrum der Feuerwehr Weimar am 19. Oktober 2017 praktische Versuche gemacht.

Drei Szenarien

1. Eine Vitrine steht in einem verrauchten Raum: Ist der Schaukasten so dicht konstruiert, dass die Exponate darin vom schädigenden Brandrauch nicht betroffen werden?
2. Eine Vitrine steht im Brandraum: Wie verhält sie sich bei der zu erwartenden Wärmebeaufschlagung? Was geschieht bei einer abrupten Abkühlung, z.B. bei Löscharbeiten?
3. Im Vitrinensockel, bestehend aus mitteldichter Faserplatte (MDF), entsteht durch technische Einbauten ein Brand: Wie verläuft der Brand und was geschieht mit dem Kulturgut im Korpus der Vitrine?

1. Wie steht es um die Dichte?

 

Versuchsaufbau zur Ermittlung der Rauchdichte einer Vitrine
© Johannes Krey, Weimar



Eine Vitrine aus Verbundsicherheitsglas (VSG) und Unterbau aus MDF in der Größe 1400 x 2000 x 500 mm (H/B/T) wurde in einem Schnelleinsatzzelt der Feuerwehr mit Übungsrauch aus einer Nebelmaschine über fünf Minuten beaufschlagt. In dem Schnelleinsatzzelt herrschte eine Temperatur von ca. 40° C. In der Vitrine befanden sich Proben aus Wachs, Pergament und Leder. Der Versuch wurde mit Kameras im Inneren des Zeltes und in der Vitrine dokumentiert. Nach Wegnahme des Zeltes war augenscheinlich keinerlei Rauch in den Schaukasten gelangt. Eine Beschädigung der Proben war nicht zu erkennen.


Gleichzeitiges Beflammen der Vitrine mit zwei Propangasbrennern
© Johannes Krey, Weimar
Innen und außen angebrachte Sensoren messen die Entwicklung der Temperatur im Inneren des Schaukastens - © Johannes Krey, Weimar

 

2. Wie steht es um die Stabilität?


Für den zweiten Versuch wurde eine Vitrine aus VSG in den Maßen 2000 x 1000 x 1000 mm (H/B/T) verwendet. Eine Seite der Vitrine konnte vollflächig über einen Drehmechanismus geöffnet werden. Der Sockel bestand aus einer lackierten MDF-Plattenkonstruktion. Im Vitrinensockel waren in unterschiedlichen Höhen schmale Metallhalterungen eingesteckt, auf denen Proben wie Pergament, Papier und Siegelwachs platziert waren. Als Wärmeindikator wurde zusätzlich ein Wattebausch in der Vitrine platziert. Zur Dokumentation des Versuches wurde die Vitrine mit Thermoelementen und Kameras ausgerüstet. Die Erwärmung erfolgte mit Propangasbrennern (Dachdeckerausrüstung) gleichzeitig von zwei gegenüberliegenden Seiten. Nach sechs Minuten zeigten sich erste Risse im Glas. Nach zehn Minuten stieg die Temperatur im Inneren der Vitrine auf 75° C. Eine weitere Temperaturerhöhung konnte nicht beobachtet werden. Ursächlich hierfür könnten das begrenzte Leistungsvermögen der Propangasbrenner und die äußeren Umweltfaktoren sein.
Unmittelbar danach wurde der stark erhitzte Schaukasten mit einem Strahlrohr (125 Liter pro Minute) aus etwa fünf Metern Entfernung gelöscht. Durch die abrupte Abkühlung traten weitere Risse im Glas auf. Dagegen ist kein Löschwasser in die Vitrine eingedrungen und auch ihre Stabilität war offenbar nicht beeinträchtigt. Wer von den Zuschauern auf ein spektakuläres Einstürzen der Vitrine gewartet hatte, wurde enttäuscht. Ein sehr gutes Ergebnis aus Sicht der Feuerwehr und des Kulturgutschutzes.

3. Wie steht es um eine mögliche Ausbreitung des Brandes?

Das Feuer im Sockel der Vitrine erlischt rasch von selbst
© Johannes Krey, Weimar


Um ein mögliches Übergreifen eines Brandes aus dem Sockel einer Vitrine (1400 x 2000 x 500 mm, H/B/T) beobachten zu können, wurde der aus MDF-Platte gefertigte Unterbau mit einem dicht schließenden Sichtfenster aus VSG versehen. Anschließend wurde die Entstehung eines Brandes durch den Defekt eines technischen Einbaus (z.B. Trafo der Beleuchtung) simuliert.
Dazu wurde eine fernausgelöste Zündeinrichtung positioniert. Als Brennstoff dienten Holzwolle und Kabelreste. Nach dem Zünden waren Flammen und Rauch zu beobachten, aber der Brand griff nicht auf den Korpus des Schaukastens über. Nach ca. fünf Minuten erlosch das Feuer von selbst, augenscheinlich wegen Sauerstoffmangels. Auch hier ein gutes Ergebnis für die Kulturbetriebe und die Feuerwehr.

Fazit und Ausblick

Das Ziel der durchgeführten Versuche sollten Handlungsempfehlungen für Feuerwehren und die Nutzer von Vitrinen sein. Gäste verschiedenster kultureller Einrichtungen aus Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beobachteten die Versuche in Weimar. Aufgrund der bewusst einfach gehaltenen Szenarien und der nur begrenzten technischen Möglichkeiten stellen die Versuche lediglich eine Ermittlung der Grundlagen zum Verhalten von Ausstellungsvitrinen im Brandfall dar. Dennoch sind wir der Auffassung, dass die Ergebnisse praxistauglich sind: Aufgrund des verwendeten Materials und der Konstruktion der in den Versuchen verwendeten Vitrinen werden die Exponate auch im Brandfalle eine gewisse Zeit vor Beschädigung bewahrt. Für die Kultureinrichtungen und die Feuerwehr ergibt sich dadurch ein zeitlicher Spielraum für den Schutz und die Rettung des Kulturgutes.
Derzeit sind wegen begrenzter Ressourcen keine weiterführenden Versuche durch die Arbeitsgruppe Notfallverbund Weimar geplant, obwohl es dazu bereits erste Ideen gibt. Die Verfasser dieses Artikels sind für Kritik offen, freuen sich auf Anregungen und noch mehr über Interessenten, die sich weiter mit dem Thema beschäftigen können.

Arbeitsgruppe Notfallverbund für Weimar
Ralf Seeber, Vorsitzender Wachabteilungsführer und Mitarbeiter Katastrophenschutz der Berufsfeuerwehr Weimar
Ralf.seeber(at)stadtweimar.de

Klassik Stiftung Weimar
Alexander Stelzer, Referent Objektsicherheit
Alexander.stelzer(at)klassik-stiftung.de

Sachverständigenbüro Arnhold Erhard
Arnhold mail@arnhold-weimar.de

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2018, S. 46 f.

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