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Schwellenangst runter, Gästezahlen rauf?

Museen der Stadt Dortmund seit 2019 kostenfrei

Dortmund, 586.600 Einwohner, ist die Stadt des Bieres, des Fußballs – und der Museen. Unter den sieben städtischen Einrichtungen sind u.a. das Museum Ostwall und das Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu nennen. Um mehr Besucherinnen und Besucher in die Einrichtungen zu locken, versucht die Stadt es seit Anfang dieses Jahres mit kostenfreiem Eintritt.

Geeignetes Mittel gegen Besucherflaute?

Im Dortmunder U, einem markanten Gebäude in der Nähe des Hauptbahnhofs, sind u.a. das Museum Ostwall, die Kulturelle Bildungsetage U2, der Hartware Medien KunstVerein und der Verein Kino im U e.V. untergebracht. Für das Jahr 2015 meldete das Haus rund 138.000 Besuche. Unklarheit besteht offenbar darüber, wer gezählt worden ist und wie oft. (Anm. 1) Um künftig höhere Besucherzahlen zu erreichen, hat der Rat der Stadt Dortmund im November 2018 beschlossen, die Eintrittsgebühr für alle sieben städtischen Museen zum 1. Januar 2019 abzuschaffen. Zuvor hatte man mit einer Zwischenlösung gearbeitet: „In den vergangenen zwei Jahren konnte man mit einem einmaligen Eintritt von 5 Euro das ganze Jahr über kostenlos die Dauerausstellungen besuchen. Dieses Modell hatte zwar zu leicht höheren Besucherzahlen geführt, allerdings nicht in dem erhofften Ausmaß. Ziel ist es, Schwellenängste abzubauen und die Museen zu Orten der Begegnung zu machen.“ (Anm. 2) Zur Gegenfinanzierung soll offenbar auch Personal eingespart werden: „Die Kulturbetriebe Dortmund werden die entgehenden Einnahmen durch strukturelle Veränderungen kompensieren und attraktive Sonderausstellungen anbieten, die weiterhin Eintritt kosten.“ (Anm. 3)

Oder liegt es an Inhalt und Aufbereitung?

Mit niedrigen oder sinkenden Besucherzahlen kämpfen auch andere Häuser in Deutschland, darunter die Kunsthalle Wilhelmshaven oder das Stralsund Museum. (Anm. 4) Ob es tatsächlich an den Kosten für den Eintritt liegt? Dagegen sprechen die Beobachtungen bei zwei anderen Dortmunder Einrichtungen: Das im Oktober 2015 eröffnete Deutsche Fußballmuseum liegt unweit des Dortmunder U. Obwohl es sich bei vielen Exponaten um „Kopien, Faksimile oder Zweitobjekte“ handelt, (Anm. 5) scheint das Konzept der DFB-Stiftung Deutsches Fußballmuseum gGmbH aufzugehen: Für das Jahr 2017 meldet das Haus rund 200.000 Besuche. (Anm. 6) Das Tagesticket für einen Erwachsenen kostet zwölf Euro. Nun mag man versucht sein, die guten Besuchszahlen des deutschen Fußball-Olymp auf Begriffe wie Inszenierung, Show und Eventmanier zu reduzieren. Bei der DASA Arbeitswelt Ausstellung greift das mit Sicherheit zu kurz. Es dürfte hierzulande wohl kaum ein Museum geben, das mehr nach Bürokratie klingt, als das von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin getragene Haus, das laut eigener Homepage „über die Arbeitswelt, ihren Stellenwert für Individuum und Gesellschaft sowie über die Bedeutung menschengerechter Gestaltung der Arbeit“ informiert. Trotz dieser trockenen Materie und seiner städtischen Randlage ohne eigenen S-Bahnanschluss: Im Jahr 2016 zählte die DASA rund 209.000 Besuche – bei einem Ticketpreis von acht Euro pro Person. Einen Großteil dieses Erfolges führt das Haus selbst auf das besondere Design seiner Ausstellungen zurück. (Anm. 7)

In Richtung Publikumsorientierung argumentiert auch Joachim Breuninger, Vorsitzender des Sächsischen Museumsbundes, der sich im Januar 2019 klar gegen den kostenfreien Eintritt von Kindern und Jugendlichen in Museen ausgesprochen hat: „Breuninger glaubt nicht, dass durch Kostenfreiheit mehr Besucher in die Museen gelockt werden. Viel wichtiger sei es, von Museumspädagogen entwickelte Programme vorzuhalten, mit der man auf schwer erreichbare Zielgruppen zugehen könne. Nur so sei es möglich, außerhalb der Museen Hemmschwellen abzubauen. Wir als Museumslandschaft arbeiten vielleicht auch an vielen Bedürfnissen in der Gesellschaft vorbei. Das ist mein Punkt: Museen müssen auf die Menschen zugehen und schauen, was sie wirklich interessiert.“ (Anm. 8)

Anm. 1: Zur Diskussion um Besucherzahlen und Zählweisen vgl. Gaby Kolle, Leere im Dortmunder U vor Ort, aber viele Besuche in der Statistik, in: Westfälische Rundschau, 12.11.2016; Quelle: https://www.wr.de/staedte/dortmund/leere-im-dortmunder-u-vor-ort-aber-viele-besuche-in-der-statistik-id12353195.html; Abfrage: 26.12.2018; zu kreativen Zählmethoden in Museen vgl. Berthold Schmitt, Viele Besucher? Gutes Haus! Mehr Geld! Schweizer Museen haben Besucherzahlen frisiert, in: KulturBetrieb, zwei 2018, S. 74.
Anm. 2: Silke Dames, Freier Eintritt für Dortmunder Museen beschlossen, in: Tourismus NRW, 21.11.2018; Quelle: https://www.touristiker-nrw.de/freier-eintritt-fuer-dortmunder-museen-beschlossen/; Abfrage: 26.12.2018
Anm. 3: Ab Januar freier Eintritt in Dortmunds städtischen Museen, in: Rundblick Unna, 05.09.2018; Quelle: https://www.rundblick-unna.de/2018/09/05/ab-januar-freier-eintritt-in-dortmunds-staedtischen-museen/; Abfrage: 26.12.2018
Anm. 4: Vgl. Dorothee Baer-Bogenschütz, Zukunft in den Sternen. Nicht nur Wilhelmshaven muss mit niedrigen Besucherzahlen klarkommen, in: Kunstzeitung, April 2018, S. 6; vgl. „Kulturförderung der öffentlichen Hand. Der neue Kulturfinanzbericht liegt vor“ sowie „Interesse an Kunst und Kultur geht zurück“ in vorliegender Ausgabe von KulturBetrieb.
Anm. 5: Christian Wacker, Wie ein Provinzmuseum aus den Achtzigern. Das Deutsche Fußballmuseum hat sich viel vorgenommen. Leider quillt es über vor Kopien und altbackenen Schaukästen. Wichtige Themen fehlen komplett, in: Die ZEIT, 16.12.2015; Quelle: https://www.zeit.de/sport/2015-12/fussball-museum-dfb-kritik/komplettansicht; Abfrage: 26.12.2018
Anm. 6: Quelle: https://www.fussballmuseum.de/aktuelles/detail/item/deutsches-fussballmuseum-bestaetigt-starke-besucherzahlen-11-01-2018.htm; Abfrage: 26.12.2018
Anm. 7: Vgl. Was ist die DASA? Da ergibt Staunen Sinn!; Quelle: https://www.dasa-dortmund.de/ueber-die-dasa/was-ist-die-dasa/; Abfrage: 26.12.2018
Anm. 8: Museumsbundchef spricht sich gegen kostenlosen Eintritt aus, in: MDR Kultur, Quelle: https://www.mdr.de/kultur/themen/museumsbund-joachim-breuninger-interview-100.html; Abfrage: 13.01.2019

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 56 f.

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