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Wirtschaftlich und sparsam? Nicht mit uns!

Effizienz ist bei der Werbestrategie mancher Museen offenbar nicht von Belang

Kulisse für einen Film, der nicht läuft. So muten Kulturbetriebe an, die seit Corona mit wenig oder ohne Publikum der Dinge harren. Um an frühere Zeiten anknüpfen zu können, werden die Einrichtungen intensiv um Gäste werben müssen – auch gegen konkurrierende Formate der privaten Freizeit- und Unterhaltungsindustrie.
Bizarr: Obwohl öffentliche Museen seit Corona noch stärker über zu geringe finanzielle Mittel klagen und künftig Einbußen befürchten, werben manche Häuser immer noch in Publikumszeitschriften, bei denen Aufwand und Nutzen in einem – freundlich formuliert – „bemerkenswerten“ Verhältnis stehen. Dort gehen kleine Auflage und überschaubare Reichweite mit enorm hohen Pro-Kopf-Kosten einher. Erkennen die für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Museen dieses Missverhältnis nicht oder ist es ihnen schlicht gleichgültig, welche Gegenleistung sie für das Geld bekommen, das der Steuerzahler ihnen anvertraut? Zur Erinnerung: Das öffentliche Auftragswesen ist den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet.

Meist kleine Werbebudgets

Um zu erfahren, was deutsche Museen für ihre Öffentlichkeitsarbeit ausgeben, hat das Onlineportal Statista die Angaben von 3.125 Einrichtungen für 2009 ausgewertet. Demzufolge stellten 41 Prozent der Häuser ein Budget von bis zu 500 Euro pro Jahr bereit und weitere 25,6% verausgabten jährlich 501 bis 2.500 Euro. In den nächsten beiden Stufen (2.501-5.000 Euro bzw. 5.001-12.500 Euro) haben 13,5% bzw. 7,9% der Museen ihre Werbung bestritten. Höhere Etats waren selten. Rund acht Prozent der Einrichtungen verausgabten 12.501 bis 50.000 Euro und nur in 3,8% der Häuser standen mehr als 50.000 Euro pro Jahr bereit. (Anm.1) Zehn Jahre nach dieser Erhebung ist den Museen zu wünschen, dass die Mittel für Öffentlichkeitsarbeit um bis zu 50 Prozent angehoben worden sind. Sollte dem so sein, verfügen heute rund zwei Drittel aller Häuser über 750 bzw. 3.750 Euro Werbeetat pro Jahr.

10 bis 37 Cent Werbekosten je Gast

Setzt man diese Summen in Bezug zu den Besuchszahlen der Museen, erhält man eine Orientierung darüber, mit welchen Beträgen die Häuser werben. Da die Besuche 2020 durch Corona um bis zu 70 Prozent eingebrochen sind, (Anm. 2) werden hier die Erhebungen des Instituts für Museumsforschung von 2019 genutzt. Schlüsselt man die Museen nach Besuchszahlen auf, zeigt sich, dass 54,8 Prozent der Häuser bis zu 5.000 Besuche pro Jahr haben. Weitere 12,3% begrüßen jährlich 5.001 bis 10.000 Gäste. In der Kategorie 10.000 bis 50.000 Besuche rangieren rund 22% der Museen und zehn Prozent haben 50.000 bis 100.000 Gäste pro Jahr. Zahlen jenseits der 500.000 Besuche melden 0,5% der Häuser. (Anm. 3)

Die Auswertung nach Besuchszahlen zeigt deutliche Parallelen zu den oben skizzierten Werbeetats: Rund 66 Prozent aller Museen haben bis zu 10.000 Gäste pro Jahr und gleichzeitig verfügen rund 66 Prozent aller Häuser über maximal 3.750 Euro Werbebudget pro Jahr. Umgekehrt bedeutet das: Zwei Drittel unserer Museen – vor allem die kleinen und mittleren – geben rund 37 Cent pro Besucher für die Öffentlichkeitsarbeit aus. Günstiger ist dieser Wert bei jenen rund zehn Prozent der Museen, die mehr als 50.000 Besucher pro Jahr zählen. Pro Gast wenden sie im Schnitt 0,10 bis 0,25 Euro an Werbemitteln auf, wobei nur ein Teil auf Printmedien entfällt. Derart geringe Kosten pro Besucher sind nur zu realisieren, wenn man auf Publikumszeitschriften, sog. Business-to-Consumer bzw. B2C-Formate, mit entsprechend hoher Auflage setzt.

Hohe Auflage = geringe Kosten

Um die Wirtschaftlichkeit ihrer Werbemaßnahmen zu messen, nutzen Mediaplaner verschiedene Parameter. Einer davon ist der sog. Tausenderpreis oder Tausend-Kontakt-Preis (TKP), der angibt, welcher Geldbetrag eingesetzt werden muss, um 1.000 Personen einer Zielgruppe per sog. Sichtkontakt zu erreichen. Aufschlussreich sind auch jene Kosten, die man je potenziellem Besucher für eine Printanzeige ausgibt.

Niedrige Auflage = hohe Kosten

Demgegenüber gehen Anzeigen oder Text-Bild-Strecken, die in Magazinen mit kleinerer Auflage platziert werden, mit deutlich höheren Kosten pro Kopf einher.
Noch ungünstiger fallen die Pro-Kopf-Kosten aus, wenn größere Kontingente der Auflage nicht an die erwünschten zahlenden Besucher gelangen, sondern zum Beispiel auf den Schreibtischen der Verantwortlichen in Museen und Galerien landen. Dann löst sich der erhoffte Werbeeffekt gleichsam in Luft auf und die Kosten, die man in jeden erhofften zahlenden Besucher investiert, steigen rasch auf zwei, drei und mehr Euro! Wer sich diesen Luxus dennoch leistet, sollte sich einerseits dessen bewusst sein und andererseits gute Argumente bei kritischen Rückfragen durch Rechnungsprüfer haben.

Deutscher Museumsbund e.V. und Deutscher Bühnenverein warnen vor Sparmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie. Ob öffentlich getragene Kulturbetriebe tatsächlich mit Kürzungen rechnen müssen, bleibt abzuwarten. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist aber davon auszugehen, dass die Budgets nicht erhöht werden – bei gleichzeitig steigenden Ausgaben u.a. für Personal und Energie. Wenn in einem Museum tatsächlich jeder Euro zählt, gilt es umso mehr, die für das Marketing vorgesehenen Budgets optimal einzusetzen, um möglichst viele potenzielle Besucherinnen und Besucher zu erreichen.

Werbung braucht Reichweite und Zielgenauigkeit!

Neben Auflage, Tausenderpreis oder Kosten pro Kopf sind der Kaufpreis eines Magazins und die Modalitäten seiner Verbreitung weitere Parameter, die die Effizienz der eingesetzten Mittel beeinflussen. Generell gilt: a) Niedrigschwellige Verbreitung sorgt für hohe Reichweite und b) hohe Erreichbarkeit und niedriger Preis fördern die Aufmerksamkeit. Sehr gern genutzt werden Exemplare auflagenstarker B2C-Formate, die zum einen kostenfrei sind und zum anderen an Orten ausliegen, die das kulturaffine Publikum ohnehin aufsucht, darunter Museen, Galerien, Kunstvereine oder Bibliotheken. Hier weitere Merkmale, die Mediaplaner mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit vor der Beauftragung von Printmagazinen zwingend überprüfen sollten:
• Druckauflage: Wie viele Exemplare werden insgesamt gedruckt?
• Verbreitete Auflage: Wie viele Exemplare werden verteilt bzw. verkauft?
• Leserschaft: An welche Zielgruppen gehen die Exemplare?
• Distribution: An welchen Orten werden die Exemplare verteilt bzw. zum Kauf angeboten?
• Relevanz: Wie verhält sich die bundesweite Verteilung eines Magazins zur Strahlkraft eines Hauses?
• Aktualität: In welcher Zeitspanne werden die Exemplare verkauft bzw. verteilt?

Mit 500 Euro kann man einiges machen!

Für öffentlich getragene Museen, die über kleine Werbeetats verfügen, kann es keine Option sein, ihre knappen Mittel für Printanzeigen in Magazinen auszugeben, die zwar mit bundesweiter Verteilung werben, dies aber gleichsam nur in homöopathischen Dosen tun. Es gibt Alternativen zu „wirkungslos, aber billig!“ Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit müssen nicht zur Untätigkeit verdammen, sondern können Ansporn für Kreativität sein. Bereits mit 500 Euro ist es möglich, intensiv um Besucherinnen und Besucher aus der näheren Umgebung zu werben oder für mehr Service und Sauberkeit in der Einrichtung zu sorgen. (Anm. 4) Hier einige Beispiele:
• Einladung von 15 Vertretern lokaler und regionaler Medien (Mittagessen sowie Kaffee & Kuchen inklusive) oder
• Zwei Rollatoren und zwei Sportkinderwagen für körperlich eingeschränkte bzw. kleinste Gäste oder
• 500 Stück Seife oder 1.000 Rollen Klopapier oder 56.000 Falthandtücher aus Papier oder
• Miete von zwei Reise- oder Schulbussen zum innerörtlichen Transport von 50 bis 100 Schülern, Flüchtlingen oder Senioren oder
• 25 Stunden Reinigungskraft

Ja, Planung und Durchführung solcher Maßnahmen aus den sog. Niederungen des Alltags sind aufwändiger und weniger glamourös als die Schaltung von Anzeigen oder Text-Bild-Strecken in Lifestyle-Manier. Aber es gehört nun einmal auch zum gesellschaftlichen Auftrag öffentlicher Kultureinrichtungen, in der eigenen Region wahrgenommen zu werden und ihre vielfältigen und typischen Charakteristika aufzugreifen und in die Gesellschaft zu spiegeln.

Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Statista, 2010; Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/168508/umfrage/ausgaben-fuer-oeffentlichkeitsarbeit-von-museen/ ; Abfrage: 04.01.2022
Anm. 2: Besuchszahlen der Museen in Deutschland im ersten Corona-Jahr 2020, in: Institut für Museumsforschung, 28.12.2021; Abfrage: 04.01.2022
Anm. 3: Vgl. Zahlen & Materialien aus dem Institut für Museumsforschung, Heft 75, S. 39, Abb. 06, Berlin 2021; Quelle: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/ifmzm/issue/view/5496/1014 ; Abfrage: 04.01.2022
Anm. 4: Vgl. Berthold Schmitt, STOPP der Verschwendung in Museen! Was verantwortungsbewusste Häuser mit 500 Euro tun könnten, in: KulturBetrieb, vier 2016, S. 87.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2022, S. 56-58.

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