Diese Webseite nutzt Cookies

Diese Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung des Erlebnisses unserer Besucher. Indem Sie weiterhin auf dieser Webseite navigieren, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.

Guter Rat muss nicht teuer sein

Kulturbetriebe können vom Know-how der Unternehmensberater profitieren

Museen, Archive, Bibliotheken u.a. kulturbewahrende Einrichtungen sind Orte der Beständigkeit, aber auch des Wandels. Während interne Aufgaben wie das Bewahren und Dokumentieren vielfach standardisiert erfolgen, sollten externe Aufgaben wie das Vermitteln und Zugänglichmachen von Zeit zu Zeit überprüft und ggf. den relevanten neuen inhaltlichen oder gesellschaftlichen Anforderungen angepasst werden. Bei Planung und Umsetzung solcher Veränderungen kann fachliche Hilfe von außen hilfreich sein. Und: Das Know-how einer Unternehmensberatung muss nicht zwingend Geld kosten.

Das Pro-Bono-Prinzip macht es möglich

In vielen gesellschaftlichen Bereichen werden Dienstleistungen pro bono, d.h. zum Wohle der Öffentlichkeit angeboten. Dabei kommen die spezifischen Fähigkeiten von Fachkräften auch jenen zugute, die die entsprechende Leistung ansonsten nicht finanzieren könnten. Oft sind es Unternehmensberater und Rechtsanwälte, die ohne oder mit stark reduzierter Bezahlung tätig werden, etwa für gemeinnützige Organisationen oder Bildungseinrichtungen, in denen Themen wie Umstrukturierung, Management, Kostensenkung, Strategie oder Public Relations anstehen. „Für alle großen Beratungsfirmen gehören Pro-bono-Projekte zum Standardprogramm, sie arbeiten für Museen, NGOs oder Universitäten. Damit soll das Ansehen der Unternehmensberater, das von vielen mit Sparrunden, Kündigungswellen und zugleich horrenden Honoraren verbunden wird, mehr Glanz bekommen.“ (Anm. 1) Vielfach bieten auch studentische Unternehmensberatungen ihre kostenfreien Dienste an. Für die angehenden Berater sind erste praktische Erfahrungen in der Welt des Consultings wichtig und häufig auch der Wunsch, Gutes für die Gesellschaft zu tun. Aufgrund ihres fachspezifischen Ansatzes sind Pro-bono-Projekte nicht zu verwechseln mit dem klassischen Ehrenamt.

Lernen von den Wirtschaftsprüfern!

Wie wenig beliebt Beratungsunternehmen sein können, hat sich am Beispiel des Museums Schloss Morsbroich gezeigt. Im Februar 2016 hat die Unternehmensberatung KPMG in einem Gutachten vorgeschlagen, das Haus zu schließen und ggf. die Sammlung bzw. Teile davon zu verkaufen. Trägerin des 1951 gegründeten Museums ist die Stadt Leverkusen. Die Schließungspläne haben zu einem bundesweiten Aufschrei geführt. Zu den prominentesten Kritikern gehörte u.a. der Maler Gerhard Richter. (Anm. 2) Im Sommer 2016 hat der Förderverein des Museums vorgeschlagen, auf eigene Kosten einen Rettungsplan für das Haus zu erstellen. Im Februar 2018 hat der Rat der Stadt den Plänen zugestimmt, die Einsparungen und eine intensivere kommerziellen Nutzung des Areals vorsehen. (Anm. 3) Die Zustimmung erfolgte unter der Voraussetzung, dass die „Rettungsmaßnahmen aber vor allem mit Sponsorengeldern und Drittmitteln“ finanziert werden. (Anm. 4) Dem Museum stehen nun große Aufgaben bevor, u.a. will man mehr Publikum erreichen. Aktuell sind es rund 40.000 Besuche pro Jahr. (Anm. 5)
Was aber ist aus den Empfehlungen der KPMG geworden? Haben sie ihren Wert verloren? In ihrem engagierten Werben für den Erhalt des Museums haben die Akteure überwiegend sog. weiche Faktoren ins Feld geführt, darunter die nur schwer messbare Bedeutung als Kultur- und Bildungsstätte. Dagegen wird die Argumentation mit sog. harten Fakten oft den wirtschaftlich Denkenden überlassen. Das mag edel sein, aber ist es auch klug? Die Empfehlungen der KPMG sind sehr aufschlussreich und nützlich – gerade für andere Kulturbetriebe. Wie in einer Blaupause kann man hier studieren, wie und worauf Wirtschaftsleute schauen, wie sie bewerten und analysieren. Hier die Überschriften der Kapitel: Auftrag und Zielsetzung; Rahmenbedingungen (darunter demographische Entwicklung, Kulturbetriebe in der näheren Umgebung), grundsätzliche Optimierungspotenziale, Maßnahmen und Handlungsempfehlungen sowie Wirtschaftliche Effekte. Der 110 Seiten umfassende Abschlussbericht „Optimierungspotenziale der KulturStadtLev (KSL)“ steht online, für jedermann einsehbar. (Anm. 6)
Für Träger und Verantwortliche anderer Kulturbetriebe bieten die hier versammelten Kennzahlen und Kriterien eine optimale Orientierung, um die eigene Situation objektiv und kompetent zu erfassen und zu beschreiben. Dies aber ist eine zentrale Voraussetzung, um Dritte (z.B. institutionelle Förderer oder Sponsoren) von der Relevanz der eigenen Einrichtung überzeugen zu können. Die Bibliotheken haben dieses Potenzial bereits erkannt. So befähigt z.B. das Kölner Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung (ZBIW) die Bibliothekarinnen und Bibliothekare des Bundeslandes mit speziellen Seminaren zur professionellen Kommunikationen gegenüber Trägern und Externen. (Anm. 7) Auch die Museen werden zunehmend aktiv, um ihre wirtschaftliche Kompetenz zu stärken. So hat der Deutsche Museumsbund 2018 die „Handreichung Strategisches Management und strategisches Controlling in Museen“ vorgelegt. (Anm. 8)

Zurück zu Pro bono

Wie findet man die richtigen Fachberater für diese Art der externen Unterstützung? Auch hierzulande gibt es sog. Pro-bono-Intermediäre, die darauf spezialisiert sind, Freiwillige zu vermitteln, die ihre beruflichen Kompetenzen einbringen wollen. Eine davon ist der Verein Startsocial, der z.B. den „systematischen Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und sozialer Projektarbeit“ fördert. (Anm. 9)
Öffentliche Kulturbetriebe sind jedoch gut beraten, sehr sorgfältig auf die Trennung von bezahlten und unbezahlten Tätigkeiten zu achten, denn „neben Horizonterweiterung und Reputationsverbesserung gibt es noch einen weiteren Grund für Pro-bono-Beratung: versteckte Preisnachlässe und Kundenbindung. `Über Tagessätze wird in großen Beratungen nicht verhandelt, die sind fix. Bietet man aber ein anderes Projekt pro bono obendrauf, ist das eine elegante Form von Rabattierung. Juristisch sei das eine Grauzone, denn pro bono könne als Bestechung wahrgenommen werden, gerade bei öffentlich ausgeschriebenen Projekten. `Deshalb achten sowohl Ministerien als auch Beratungen penibel darauf, das voneinander zu entkoppeln.´“ (Anm. 10)

Anm. 1: Nina Piatscheck, Guter Rat, nicht teuer. Viele Unternehmensberatungen bieten ihre Dienste kostenlos an: Für Museen, Hilfswerke oder Universitäten. Das hilft den Einrichtungen und den Beratern, in: Die ZEIT, No. 22, 24.05.2017, S. 63.
Anm. 2: Vgl. u.a. Michael Kohler, Museum Morsbroich. Gerhard Richter protestiert gegen mögliche Schließung – Absurditäten im Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfer, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 27./28.02.2016
Anm. 3: Rettungsplan für Museum Morsbroich beschlossen, in: WDR, 27.02.2018; Quelle: https://www1.wdr.de/kultur/kunst/museum-morsbroich-rat-leverkusen-rettungskonzept-100.html ; Abfrage: 03.01.2019
Anm. 4: Stadt prüft Rettungskonzept für Museum Morsbroich, in: Süddeutsche Zeitung, SZ.de, 27.02.2018; Quelle: https://www.sueddeutsche.de/news/kultur/museen---leverkusen-stadt-prueft-rettungskonzept-fuer-museum-morsbroich-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-180227-99-261055 ; Abfrage: 03.01.2019
Anm. 5: Vgl. Das Museum; Quelle: http://www.museum-morsbroich.de/index.php?id=dasmuseum ; Abfrage: 03.01.2019 Anm. 6: Optimierungspotenziale der KulturStadtLev (KSL), vorgelegt von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 04.02.2016; Quelle: https://www.leverkusen.de/rathaus-service/downloads/rathaus/Optimierungspotenziale_der_KSL_Abschlussbericht_KPMG_2016.pdf ; Abfrage: 03.01.2019
Anm. 7: Vgl. Berthold Schmitt, Die Interessen der Museen kompetent vertreten. Von den Bibliotheken lernen!, in: KulturBetrieb, zwei 2017, S. 94 f.
Anm. 8: Handreichung Strategisches Management und strategisches Controlling in Museen – Ansätze für die strategische Museumssteuerung. Ergebnisdokumentation der gleichnamigen Arbeitsgruppe im Arbeitskreis Verwaltungsleitung; Hrsg.: Deutscher Museumsbund e.V., Autor: Prof. Dr. Robert Knappe, Berlin 2018, 68 Seiten; ISBN 978-3-9816628-9-4; Download unter: https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2018/05/handreichung-strategisches-management-online.pdf ; Abfrage: 03.01.2019; vgl. auch Bernd Günter, Leistungscontrolling in Kulturbetrieben, in: KulturBetrieb, drei 2016, S. 89-94; „Qualität in Museen. Fachtagung am 23. und 24.10.2014 im LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster; hrsg. vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Münster 2018, S. 7. Der Tagungsband (115 Seiten) steht als Download bereit unter: www.qualitaet-in-museen.lwl.org sowie Berthold Schmitt, Was ist gute Museumsarbeit? Tagungsband „Qualität in Museen“ ist erschienen, in: KulturBetrieb, zwei 2018, S. 80 f.
Anm. 9: startsocial. Hilfe für Helfer; Quelle: startsocial.de/ueber-uns; Abfrage: 03.01.2019
Anm. 10: Piatscheck, a.a.O.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 52 f.

Zurück