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Im Notfall richtig handeln: Erste Hilfe in Kulturbetrieben

Service- und Aufsichtspersonal nur von Fachleuten schulen lassen

Jeder Führerscheinbesitzer sollte in der Lage sein, die wichtigsten Maßnahmen in Erster Hilfe anzuwenden. Sollte. Ein europaweiter Test von Deutschem Rotem Kreuz (DRK) und ADAC zeigt, dass nur die wenigsten Autofahrer im Bedarfsfalle richtig handeln. Unter den Deutschen wendeten lediglich 46 Prozent die stabile Seitenlage korrekt an und nur jeder fünfte führte eine Herz-Lungen-Wiederbelebung richtig aus. (Anm. 1) Um hier bessere Ergebnisse zu erzielen, wird nun mehr für die Ausbildung getan. Um z.B. die Zahl der plötzlichen Herztode in Deutschland zu senken, hat der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz den Bundesländern im Juni 2014 empfohlen, das Thema „Wiederbelebung“ in die Lehrpläne aufzunehmen. Konkret sind ab Jahrgangsstufe 7 zwei Unterrichtsstunden pro Jahr vorgesehen. (Anm. 2)

„Helfen steht jedem gut!“ (DRK)

In Deutschland unterscheidet man im Wesentlichen zwei Rechtskreise, aus denen sich Pflichten zur Leistung von Erster Hilfe bei Unglücksfällen ergeben können. Während das Strafgesetzbuch (StGB § 323c) in einem allgemeinen Bereich eine gesetzliche Pflicht zur Erste-Hilfe-Leistung für alle vorsieht, sind Erste-Hilfe- und sonstige Notfallmaßnahmen auf betrieblicher Ebene im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bzw. der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) geregelt. In Betrieben, d.h. auch in öffentlichen Museen, Bibliotheken und Archiven ist es Aufgabe des Unternehmers resp. der Leitung, eine wirksame Erste Hilfe sicher zu stellen. Dazu gehören die notwendigen Mittel, Einrichtungen und Gerätschaften sowie ausgebildetes Personal. Einzelheiten, auch zur Anzahl der Ersthelfer, legen die Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (BGV), die Vorschriften der Unfallkassen (GUV-V) und das Sozialgesetzbuch (SGB VII) fest. Das Angebot an Lehrgängen reicht vom allgemeinen Basiswissen bis zu Kursen für spezielle Bedarfsgruppen, darunter Kinder, Senioren oder Menschen mit Einschränkung.

Lebensrettende Sofortmaßnahmen (LSM)

In vier Doppelstunden à 90 min werden grundlegende Maßnahmen vermittelt. Teilnehmer können nach Absolvierung des Lehrganges als Sofort- bzw. Ersthelfer an Unfallstellen handeln. Die Teilnahme ist z.B. Pflicht für den Erwerb bestimmter Führerscheinklassen. Dieser Lehrgang ist – etwa in Form eines Erste-Hilfe-Trainings – auch zur regelmäßigen Auffrischung bzw. Vertiefung geeignet.

Erste-Hilfe-Lehrgang (EH)

Vermittelt werden Maßnahmen zur Erstversorgung von vital bedrohten Betroffenen. Zu den bundeseinheitlich festgelegten Inhalten zählen das sachgerechte Verhalten bei Unfällen, Erstmaßnahmen am Unfallort, lebensrettende Sofortmaßnahmen sowie Maßnahmen bei typischen Verletzungen der Muskeln, Gelenke und Knochen und akuten Erkrankungen. Neben Atmung und Kreislauf werden die Versorgung von Verletzungen, Verbrennungen, Schockzuständen sowie Vergiftungen gelehrt. Diese Grundausbildung umfasst acht Doppelstunden à 90 min.

Ausbildung nur durch autorisiertes Fachpersonal

In Deutschland bieten u.a. DRK, Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und Malteser Hilfsdienst (MHD) entsprechende Lehrgänge an. Sie bilden die Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH). Daneben gibt es Private, von denen viele zur Qualitätssicherung im „Verband der privaten Erste Hilfe Schulen e.V.“ organisiert sind. (Anm. 3) Seriöse Anbieter werden durch Landesbehörden bzw. Berufsgenossenschaften kontrolliert und lassen sich z.B. auf Basis der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) anerkennen. Diese verlangt, dass „die Befähigung für das Ausbildungspersonal nachgewiesen ist, sowie geeignete Ausbildungsräume und die notwendigen Lehrmittel für den theoretischen Unterricht und die praktischen Übungen zur Verfügung stehen.“ (Anm. 4) Aufgrund der Komplexität, die mit der Vermittlung von Maßnahmen rund um die Erste Hilfe einhergeht, sollten anbietende Unternehmen vor einer Beauftragung gründlich auf Fachwissen, Qualität und Erfahrung geprüft werden. Ganz besonders solche, bei denen Erste-Hilfe-Lehrgänge nicht zur Kernkompetenz zählen.

Halbwissen kann gefährlich sein

Gute Besucher- und Serviceorientierung ist für Kultureinrichtungen eine erstrebenswerte Qualität, um dem Besucher einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen. Dagegen sind theoretisches Wissen und praktische Übung in Erster Hilfe und Brandschutz nicht verhandelbar, schließlich kann es um Leben und Tod von Menschen gehen. Aus gutem Grunde überlassen die meisten Anbieter von Schulungen für das Service- und Aufsichtspersonal es den Fachleuten aus dem Rettungs- und Sanitätswesen, reguläre und qualifizierte Lehrgänge durchzuführen. Umso genauer sollten Museen und Ausstellungshäuser solche Offerten prüfen, die Schulungen für Besucherservice mit Programmen wie „Erste Hilfe, Brandschutz & Sicherheit“ flankieren. Verfügen die Anbieter über ausgebildete Dozenten? Stehen die notwendigen theoretischen und praktischen Lehrmittel für einen kompetenten Unterricht bereit? Entsprechen die Programme nach Inhalt und Umfang den hierzulande geltenden Regeln? Können sie die üblichen Befähigungs- und Qualitätsnachweise vorlegen?
Lehrgänge nach dem Motto „Besser wenig, als gar nichts!“ können zu verunsicherndem Halbwissen oder fataler Falscheinschätzung der eigenen Fähigkeiten führen und somit kontraproduktiv wirken – nicht zu empfehlen, wenn es um Menschenleben geht! Wenn begleitende Schnelldurchgänge zu Erster Hilfe oder Brandschutz angeboten werden, z.B. von Echocast, sollten diese genau auf Vereinbarkeit mit hiesigen Vorschriften (z.B. §34 a Gewerbeordnung) sowie auf Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft werden. (Anm. 5)

Qualifizierte Lehrgänge nützen und schützen

Kulturbetriebe sollten eigenes oder externes Service- und Aufsichtspersonal regelmäßig in Erster Hilfe und Brandschutz schulen lassen. Allein in den letzten zwölf Monaten brannte es in bzw. in der Nähe von mindestens drei kulturellen Einrichtungen, wobei Menschen zu evakuieren waren. (Anm. 6) Wie unzureichend das Personal auf einen solchen Notfall vorbereitet ist, belegt eine aktuelle Studie. (Anm. 7) Geeignete Ansprechpartner sind z.B. die Hilfsorganisationen der BAGEH bzw. örtliche Feuerwehren oder das Technische Hilfswerk (THW). Kompetente Lehrgänge, die theoretische Kenntnisse und praktischen Übungen umfassen, bieten mehrfachen Nutzen:
• Menschen und Kulturgut retten.
• Handlungssicherheit und präventiven Schutz stärken.
• Beschäftigungsfähigkeit erhöhen.
• Dank und Anerkennung (praktischer Mehrwert).
• Willkommene Abwechslung vom Alltag im Museum.

Berthold Schmitt, QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal
www.aufsicht-im-museum.de

QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren"
(www.riegel-preis-kulturbewahren.de)

Anm. 1: Vgl. ADAC Motorwelt, Heft 4, April 2013, S. 31 ff.
Anm. 2: Vgl. Brief zur „Initiative Pflichtunterricht Wiederbelebung in ganz Deutschland.“ 395. Schulausschuss der Kultusministerkonferenz am 5./6. Juni 2014 in Düsseldorf (Quelle: www.grc-org.de, Abfrage: 16.08.2014)
Anm. 3: Weitere Informationen: www.bageh.de bzw. www.vpeh.de
Anm. 4: § 68 FeV, 19.12.2010 (Quelle: www.fahrerlaubnisrecht.de/FeV/FeV68.htm; Abfrage: 16.08.2014)
Anm. 5: Vgl. dazu u.a. Berthold Schmitt, Schulungen für Service- und Aufsichtspersonal im Museum, in: KulturBetrieb, zwei 2014, S. 76 f; ders., Schulungen für Besucherservice sind wichtig, aber nicht um jeden Preis!, in: KulturBetrieb, drei 2014, S. 68 ff sowie ders., Marketing nach dem Tom-Sawyer-Prinzip, in vorliegender Ausgabe dieses Magazins.
Anm. 6: Kunstsammlung NRW (K20/K21), Düsseldorf (September 2013); Schlossmuseum und -archiv Ehrenstein-Ohrdruf, Thüringen (November 2013); Nationalpark De Hoge Veluwe mit Kröller-Müller-Museum, Niederlande (April 2014).
Anm. 7: Im Auftrag der „Apotheken Umschau“ hat die GfK Marktforschung Nürnberg ermittelt, dass rund 20 Prozent der Beschäftigten im Brandfalle nicht genau wissen, wie sie sich verhalten sollen. Ferner gibt nur rund ein Drittel der Befragten an, dass in ihrem Unternehmen mindestens alle ein bis zwei Jahre Feuerübungen durchgeführt würden. (Quelle: Leipziger Volkszeitung, 23./24.08.2014).

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für wirtschaftliche und innovative Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", vier 2014, S. 66-67.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2014-Ausgabe-4-Oktober.pdf