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Zeigen, was man tut

Instagram befördert die visuelle Kommunikation

Die digitalen Medien erweisen sich zunehmend als Bildmedien. Mit Blick auf die gewaltige Menge an Fotografien und vor allem Selfies, die täglich produziert und online gestellt werden, könnte man meinen: »Wer nicht gesehen wird, existiert nicht.« Die wohl größte mediale Plattform in diesem Zusammenhang ist Instagram. Immer mehr Museen, Galerien oder bildende Künstler nutzen den Onlinedienst zur Selbstdarstellung und zum Marketing. (Anm. 1)

„Pictures & Sounds“ fesseln junge Nutzer

Instagram macht es auf sehr einfache Weise möglich, selbstgemachte Fotos und Videos zu bearbeiten und mit anderen zu teilen. Die kostenfreie Mischung aus Microblog und audiovisueller Plattform ist extrem erfolgreich. Das 2010 gegründete Unternehmen, das mittlerweile zu Facebook gehört, hat inzwischen weltweit rund eine Milliarde Nutzer (davon rund 15 Millionen in Deutschland), die täglich mehr als 60 Millionen Fotos und Videos hochladen. (Anm. 2) Seit 2015 bietet Instagram zudem einen Musik-Stream, der Fotos, Songtexte und Videos von Künstlern, Musikschaffenden und Fans aus der ganzen Welt präsentiert. Die Kombination von Bildern und Klängen ist besonders für junge Menschen offenbar hoch attraktiv. Der enorme Erfolg von Instagram geht auch zulasten der Plattform Facebook, von der sich inzwischen viele abwenden. Um zu erfahren, was andere gerade machen, schauen immer weniger Jugendliche auf deren Facebook-Timeline, sondern auf deren Instagram-Seite. (Anm. 3)

Instagram bietet Chancen

Den `Tsunami der Verbildlichung´ nutzen nicht nur Restaurants, Cafés, Shops, Hotellerie und Tourismus als Marketinginstrument. Zunehmend setzen auch Museen, Galerien und bildende Künstler auf die Wirkmacht der schnell gemachten und noch schneller verbreiteten Aufnahmen. Museen inszenieren eigene Bereiche und Bildhintergründe zum Fotoshooting für jedermann und folgerichtig ist 2018 in Glendale / Kalifornien auch das erste Selfie-Museum eröffnet worden. (Anm. 4) Inzwischen ziehen auch deutsche Museen nach, wobei Facebook 2017 noch die Nase vorn hatte: So zeigt die Studie „Thüringer Museen im Internet 2017“, dass 40% der 163 betrachteten Häuser Account bei Facebook [haben], sechs Prozent bei Instagram, sechs Prozent bei Twitter und nur ein Prozent betreibt einen eigenen Blog. (Anm. 5)
Das Museum der bildenden Künste (MdBK) in Leipzig setzt entschieden auf Instagram. Direktor Alfred Weidinger, seit 1. August 2017 Chef, „schuf eine eigene Stelle im Haus, die sich nur um Instagram kümmert. Dem Account folgen 11.300 Menschen. (…) Wir haben eine sehtr hohe Interaktionsrate. Die Menschen, die uns schreiben oder uns verlinken, erhalten auch Antworten. Das ist wichtig. (…) Wie intensiv wir Instagram nutzen, spiegelt sich deutlich im Museum wider. Als ich im MdBK begann, wurde das Museum vorwiegend von älteren Menschen besucht. Aber Leipzig ist doch eine Studentenstadt, mit einem sehr kunstaffinen und jungen Publikum. Nach einer kurzen Untersuchung haben wir festgestellt: Das Hauptkommunikationsmittel dieser Community ist Instagram.“ (Anm. 6) Die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel arbeitet aktiv mit Instagrammern zusammen. Blogger und Instagrammer werden in Ausstellungen geladen oder nehmen an Reisen teil, die das Museum organisiert hat, um über Künstler oder relevante Orte der Kunst zu berichten. (Anm. 7)

Nicht alle Versuche funktionieren

Während viele Häuser verstärkt auf Social Media setzen, ziehen sich andere zurück. So das Historische Museum Basel (HMB), das die Projekte «e-culture» und #Tweevening eingestellt hat. Eine Effizienzanalyse hat gezeigt, „dass es nicht gelungen ist, mit den sozialen Medien derart zielgruppenspezifisch zu kommunizieren, dass am Ende mehr Besucherinnen und Besucher an der Kasse oder auf unserer Website verzeichnet werden konnten. (…) Weil sich nach vier Jahren das Format nicht etabliert hat und die erhofften Besucherströme ausblieben, hat die neue Geschäftsleitung entschieden, ihre knappen Ressourcen anderweitig einzusetzen.“ (Anm. 8)

Der Fluch des Erfolgs

Dagegen hatte das Museum of Contemporary Art (MCA) in Sydney Anfang 2018 mit der Kehrseite des Instagram-Booms zu kämpfen. Zeitweise musste der Zutritt zu der Ausstellung „Sip my Ocean“ (01.11.2017-18.02.2018) der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist limitiert werden, auch wegen der Selfie-Freunde. „Das Museum musste Massnahmen ergreifen, um die Besuchermassen bei der Pipilotti-Exposition bewältigen zu können. So verlängerte es seine Öffnungszeiten für die Sonderausstellung – zusätzliche Tage und Besichtigungsmöglichkeiten am späteren Abend sollten es richten. Doch es half nichts – im Gegenteil, die Attraktivität der Pipilotti-Ausstellung zog immer mehr Besucher an. Als weitere Massnahme limitierte das MCA erstmals in seiner Geschichte zu Stosszeiten die Zahl der Zutritte und erliess zu bestimmten Zeiten ein Selfie-Verbot, damit sich die Besucher nicht so lange in den Ausstellungsräumen aufhielten. Sogar völlig smartphone-freie Besichtigungszeiten legte das Museum für Zeitgenössische Kunst in Sydney erstmals in seiner Geschichte für die Pipilotti-Ausstellung fest. Doch auch dieser Schuss ging förmlich nach hinten los, denn viele Besucher fanden Gefallen an der Situation, die Installationen und Ausstellungsstücke ohne störende Fotoaufnahmen zu geniessen. Und daher gab es wieder und wieder Menschenschlangen.
Was trug zu dem unglaublichen Erfolg der Schweizer Künstlerin in Sydney bei? Auf diese Frage nennt Museumsdirektorin Macgregor drei Hauptgründe. Erstens haben die Sozialen Medien diesmal eine grosse Rolle gespielt. Zahlreiche Besucher seien mit Fotos von Instagram in das Museum gekommen und hätten gezielt nach Kunstobjekten von Pipilotti Rist gefragt. Mit Facebook und Co. gelangten eben Empfehlungen an Hunderte Personen. Früher seien es kaum mehr als zwei oder drei Weiterempfehlungen je Besucher gewesen. Zudem war der Hashtag #pipilottirist extrem populär.“ (Anm. 9)

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Ist Ihr Haus schon „instagrammable“? Museen stellen sich auf die Bedarfe der Selfie-Freunde ein, in: KulturBetrieb, zwei 2018, S. 22 f; vgl. „Vorsicht! Abmahnung! Schleichwerbung im Visier“ in vorliegender Ausgabe von KulturBetrieb.
Anm. 2: Instagram, in: Wikipedia; Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Instagram; Abfrage: 18.12.2018
Anm. 3: Vgl. Berthold Schmitt, Facebook? Wir nicht! Jugendliche sind über das Netzwerk kaum noch zu erreichen, in: KulturBetrieb, zwei 2018, S. 16.
Anm. 4: Vgl. Schmitt, Ist Ihr Haus schon „instagrammable“?
Anm. 5: Marlene Hofmann, Thüringer Museen im Internet 2017, in: Marlene Hofmann Text & Web; Quelle: https://www.marlenehofmann.de/blog/2018/01/08/update-thueringer-museen-im-internet-2017/; Abfrage: 18.12.2018
Anm. 6: Sophie Aschenbrenner „Auf die Reflexion kommt es an.“ Immer mehr Museen, Galerien und Künstler nutzen es: Wie wichtig ist Instagram in der Kunstwelt?, in: Leipziger Volkszeitung, 20.11.2018
Anm. 7: Matthias Balzer, Im Museum der Selbstdarstellung – Was bedeutet die Aufhebung des Fotografieverbots für die Kunst?, in: bz Basel, 02.08.2017; Quelle: https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/im-museum-der-selbstdarstellung-was-bedeutet-die-aufhebung-des-fotografieverbots-fuer-die-kunst-131572911; Abfrage: 18.12.2018
Anm. 8: Historisches Museum Basel, Jahresbericht 2017; Quelle: http://www.hmb.ch/fileadmin/user_upload/Inhalte/PDF/Jahresberichte/HMB_JB_2017_klein.pdf; Abfrage: 18.12.2018
Anm. 9: Pipilotti Rist löst in Sydney Selfie-Verbot aus. Eine Ausstellung der Schweizer Künstlerin bricht in der australischen Metropole Rekorde, in: Der Bund, 26.02.2018; Quelle: https://www.derbund.ch/kultur/kunst/pipilotti-rist-loest-in-sydney-selfieverbot-aus/story/21510170; Abfrage: 18.12.2018

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 18 f.