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Projekt „Österreich aus der Luft“

Nationalbibliothek setzt auf Crowdsourcing

Getreu dem Motto »Viel hilft viel« setzen Wissens- und Kultureinrichtungen weltweit auf das sog. Crowdsourcing. Dabei wird die „Weisheit der Vielen“ via Internet zusammengeführt. Im Oktober 2018 hat die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) eine Kampagne zur Erschließung historischer Luftaufnahmen gestartet. (Anm. 1)

Bestandserschließung online

In ihrem Bildarchiv bewahrt die ÖNB rund „10.000 historische Luftbildaufnahmen aus den 1920er- und 1930er-Jahren. Die bis dato größtenteils unveröffentlichten Schwarz-Weiß-Bilder zeigen ein Österreich vor den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, vor der Zersiedelung und dem Ausbau von Verkehrswegen und Gewerbeparks: Landschaften und Städte in Detail- und Panoramaaufnahmen, fotografiert aus unterschiedlichsten Flughöhen und bei konstant gutem Wetter.“ Nachdem das Bildmaterial in Gänze digitalisiert worden ist, steht es nun auf einem Onlineportal bereit. Nutzer haben die Möglichkeit, jedes Bild auf einfache Weise online zu finden, im Detail zu betrachten und mit Blick auf die tiefere Erschließung der Bestände selbst aktiv zu werden. Zunächst sind drei Aufgabenfelder möglich: Kategorisieren (anhand vorgegebener Kategorien), Tagging (Erweiterung um zusätzliche Informationen) und Verorten (Markieren der geografischen Daten). (Anm. 2)

Richtigkeit hat höchste Priorität

Damit Crowdsourcing ein zuverlässiges und hilfreiches Instrument wird, sollten interessierte Organisationen schon bei der Vorbereitung einer Kampagne zentrale Regeln aufstellen. Besonders mit Blick auf die Richtigkeit der gesammelten Daten empfiehlt der im März 2017 vorgestellte Report „Digitising collections: Leveraging Volunteers & Crowdsourcing to Accelerate Digitisation”, möglichst einfache Abläufe einzurichten, die sich an den Standardfällen orientieren und nicht an den Ausnahmen. Die Arbeitsprozesse sollten immer gleich und nur Schritt für Schritt zu erledigen sein; unnötige und möglicherweise irritierende Funktionen sollten versteckt werden. Die fünf `Goldenen Regeln´ lauten: (Anm. 3)
• Minimiere die Möglichkeiten, falsche Daten einzugeben
• Personalisiere die Hilfestellungen und die Dokumentation
• Lege das Vokabular fest
• Verwende etablierte Standards
• Sei wachsam

Entsprechend achtet die ÖNB für ihr Projekt „Österreich aus der Luft“ strikt auf weitgehend automatisierte und systematisierte Abläufe: Erst sobald eine ausreichende Zahl an Fotografien bearbeitet worden ist, werden zwei weitere Aufgabenfelder angeboten. Diese dienen der Qualitätssicherung und der Verfeinerung der gesammelten Daten. „Diese Aufgaben ermöglichen es, die von anderen UserInnen vorgenommenen Beiträge zu kontrollieren und ggf. zu verbessern: Nur mehrmals geprüfte Beiträge gehen auch wirklich online. Diese Korrekturschleifen stellen ein wesentliches Qualitätsmerkmal der neuen Crowdsourcing-Plattform dar. Hat ein Bild alle fünf Aufgaben „durchlaufen“, liegen für dieses Bild qualitätsgesicherte Informationen vor.“ (Anm. 4)

Crowdsourcing ist arbeitsintensiv, auch und gerade nach dem Start einer Kampagne. Aber unter dem Strich lohnt das Verfahren offenbar. Und ganz so neu ist das Prinzip auch nicht: Schon Charles Darwin (1809-1882) korrespondierte mit mehr als 2.000 Personen aus aller Welt und nutzte deren Wissen, darunter Gärtner, Diplomaten und Armeeoffiziere. (Anm. 5)

Anm. 1: Vgl. „Österreich aus der Luft“; Quelle: https://crowdsourcing.onb.ac.at/oesterreich-aus-der-luft
Anm. 2: „Österreich aus der Luft“: Österreichische Nationalbibliothek startet erste Crowdsourcing-Kampagne, in: Österreichische Nationalbibliothek, Pressemitteilung, 22.10.2018; Quelle: https://www.onb.ac.at/ueber-uns/presse/pressemeldungen/oesterreich-aus-der-luft-oesterreichische-nationalbibliothek-startet-erste-crowdsourcing-kampagne/; Abfrage: 31.12.2018
Anm. 3: Quelle: https://alm.axiell.com/wp-content/uploads/2017/04/DigitisingReport-1.pdf; Abfrage: 31.12.2018; vgl. Berthold Schmitt, Crowdsourcing in der Digitalisierung. Ein altes Verfahren bietet neue Möglichkeiten für Kulturbetriebe, in: KulturBetrieb, eins 2017, S. 82.
Anm. 4: „Österreich aus der Luft“, PM, 22.10.2018
Anm. 5: Vgl. Friedemann Bieber, Irgendwo da oben. Ein Astrophysiker begeistert Millionen von Laien für die Wissenschaft. So ermöglicht er Forschung, die anders kaum zu bezahlen wäre, in: Die ZEIT, Nr. 33, 13.08.2015, S. 26.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 34.