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Facebook? Wir nicht!

Jugendliche sind über das Netzwerk kaum noch zu erreichen

Ohne Social Media ist Kommunikation heute nur schwer denkbar. Aber die eine Plattform, mit der man alle erreichen könnte, gibt es nicht. Kulturbetriebe, die auch über sog. Soziale Netzwerke kommunizieren, sind gehalten, sich auf das ständig wandelnde Nutzungsverhalten einzustellen, um ihr aktuelles und potenzielles Publikum tatsächlich zu erreichen. Bei jungen Menschen könnte Facebook ein Auslaufmodell werden.

„Social Messaging“ statt „Social Media“

Mit mehr als zwei Milliarden Nutzern ist Facebook das derzeit größte soziale Netzwerk der Welt. Daran hat auch der im Frühjahr 2018 bekannt gewordene Skandal über den Missbrauch personengebundener Nutzerdaten nichts geändert. Eine Reaktion auf dieses Ereignis war die Novellierung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit Ende Mai 2018 in Kraft ist. Über den Facebook-Skandal waren viele verwirrt. Teenager wie die 14-jährige New Yorkerin Lara Stephens, die derzeit mit ihrer Familie in Hamburg lebt, jedoch aus einem ganz anderen Grund: „Viele Nutzer fragten sich, wo ihre persönlichen Informationen landen. Wir fragten uns, wann wir das letzte Mal Facebook genutzt hatten. (…) Wollen wir jemandem eine Botschaft schicken, öffnen wir dafür nicht den Facebook-Messenger, sondern Snapchat. Wollen wir wissen, was im Leben einer Person los ist, schauen wir nicht in ihre Facebook-Timeline, sondern auf ihre Instagram-Seite. Und wenn wir einen Kommentar loswerden oder einen Witz teilen wollen, gibt es ja immer noch Twitter.“ (Anm. 1) Nicht nur der Journalist Imre Grimm beobachtet unter Jugendlichen einen Trend, sich in „kleinen, sicheren Rückzugsräumen“ auszutauschen: „Gruppenchats, Messengern, Nachbarschaftsnetzwerken. Stichwort: `Dark Social´. Hier sind Privatnachrichten nicht verfolgbar, Daten nicht trackbar. 84 Prozent allen digitalen Teilens geschieht bereits auf `Dark Social´-Plattformen. Junge Konsumenten fliehen in Scharen in Netzoasen, in denen keine Firma sie aufspüren kann. (…) `Social Messaging´ (privater Austausch) hat `Social Media´ (öffentlichen Austausch) 2017 erstmals überholt. Allein bei Whatsapp werden täglich 55 Milliarden Nachrichten verschickt.“ (Anm. 2)

»Die Zukunft des Netzes ist nett, privat und anständig« (Anm. 3)

Facebook selbst kennt die neuen Entwicklungen. Anfang 2018 hat das Unternehmen „einen tiefgreifenden Strategiewechsel angekündigt und erklärt, dass die Nutzer weniger Nachrichten und Inhalte von Facebook-Seiten zu sehen bekommen und stattdessen mehr Beiträge von Freunden und Verwandten. „Den Menschen dabei zu helfen, sich zu vernetzen, ist wichtiger, als die Nutzungszeit zu verlängern“, sagte Zuckerberg jetzt. Das sei auf lange Sicht auch gut für Facebook.“ (Anm. 4) Während die weitere Entwicklung bei Facebook abzuwarten bleibt, verhalten sich die jungen Nutzer von sozialen Netzwerken pragmatisch: „Wem die App gehört, die wir gerade benutzen, darüber denken wir sowieso nicht viel nach. Leistung und Design zählen für uns mehr. (…) Facebook hat versucht, alles für alle zu sein, uns ist damit zu einem IKEA der sozialen Netzwerke geworden – das ganze Leben passt hinein, aber es bleibt nicht viel Raum, sich selbst zu verwirklichen. Für uns, die wir etwa zur selben Zeit wie Facebook geboren wurden, fühlt sich das Netzwerk alt und pummelig an.“ (Anm. 5)
Während Facebook wohl über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um sich auf das gewandelte Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer einzustellen, könnte es für Kulturbetriebe künftig schwerer werden, ihre Zielgruppen in den zunehmend ausdifferenzierten „Netzoasen“ ausfindig zu machen und sie in geeigneter Weise anzusprechen. Und tatsächlich gibt es inzwischen eine Reihe von Kultureinrichtungen, die ihre Aktivitäten hinsichtlich Social Media reduzieren, ruhen lassen oder gar komplett einstellen. (Anm. 6)

Anm. 1: Lara Stephens, Alt und pummelig. Warum Teenager Facebook nicht nutzen und längst bessere Alternativen gefunden haben, in: Die ZEIT, 03.05.2018
Anm. 2: Imre Grimm, Die kritische Masse. Soziale Netzwerke wollen die Welt zu einem besseren Ort machen. Das Gegenteil ist passiert. Der Facebook-Skandal ist ein Wendepunkt: Wie könnte eine Gesellschaft aussehen, die Technologie nicht gegeneinander einsetzt, sondern miteinander? Was kommt nach den Asozialen Medien?, in: Leipziger Volkszeitung, 05./06.05.2018
Anm. 3: Grimm, a.a.O.
Anm. 4: Eine Entwicklung bei Facebook könnte für Zuckerberg zum Problem werden, in: Business Insider Deutschland, 01.02.2018; Quelle; www.businessinsider.de/die-facebook-geschaeftszahlen-zeigen-wo-sich-das-soziale-netzwerk-hinentwickeln-koennte-2018-2; Abfrage: 10.07.2018
Anm. 5: Lara Stephens, a.a.O. Anm. 6: Vgl. Damian Kaufmann, Social Media und digitale Kommunikation: Quo vadis, Kultur?, in: ZeilenAbstand, 04.07.2018; Quelle: www.zeilenabstand.net/social-media-und-digitale-kommunikation-quo-vadis-kultur/; Abfrage: 12.07.2018

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb zwei 2018, S. 16.