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Zunehmender Wettbewerb auf dem hiesigen Arbeitsmarkt

Kulturbetriebe sollten mehr in Qualifizierung und Anerkennung des Service- und Aufsichtspersonals investieren

Spanien: Run auf Job als Museumsaufsicht

Eine Randnotiz beleuchtet die erschreckende Lage am spanischen Arbeitsmarkt: Im Frühjahr 2013 hat das Museo del Prado in Madrid, eines der größten und bedeutendsten Kunstmuseen der Welt, elf Stellen als Aufsichtskraft ausgeschrieben. Beworben haben sich 18.524 Menschen – für eine Tätigkeit mit geringem Ansehen, unattraktiven Arbeitszeiten und niedrigem Lohn (929,30 Euro pro Monat)! (Anm. 1) Hintergrund für diese kaum vorstellbare Situation ist eine Arbeitslosenquote von ca. 27 Prozent.

Deutschland: Konkurrenz auch um sog. Geringqualifizierte

Während sich in Madrid vermutlich auch zahlreiche Fachkräfte und Akademiker auf die raren Stellen im Prado beworben haben, ist die Lage in Deutschland (einstweilen) umgekehrt: Ein Blick auf den Stellenmarkt in Zeitungen und Websites von Jobbörsen, Dienstleistungsunternehmen und Kulturbetrieben belegt die Schwierigkeit, offene Positionen als Service- und Aufsichtskraft in Museen zu besetzen. In Berlin z.B. liegt das auch an einem Großprojekt: Durch die Verzögerungen beim Bau des BER – Flughafen Berlin Brandenburg wird Wach- und Sicherheitspersonal in großem Umfang nicht nur am künftigen BER, sondern zusätzlich an dem längst zur Schließung vorgesehenen Flughafen Tegel benötigt. Personal, das u.a. nicht für Museen zur Verfügung steht. Entscheidender als solch ein temporärer Engpass ist jedoch der sich verschärfende Wettbewerb um geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese wollen mit guten Argumenten gewonnen und gehalten werden: Faire Bezahlung, geeignete Förderung und ehrliche Anerkennung – unabhängig davon, ob es um Eigenpersonal der Kulturbetriebe oder um Mitarbeiter von Dienstleistungsunternehmen geht. Die spezifischen und oft anspruchsvollen Werbe- und Qualifizierungsmaßnahmen, mit denen Industrie, Handel und Gewerbe dem sog. Fachkräftemangel begegnen wollen, werden bei Museum & Co. eher nicht greifen, denn das dort vertretene Sicherheits- und Bewachungsgewerbe ist ein Sektor mit niedrigen Löhnen und relativ vielen sog. Geringqualifizierten. Mit diesem Begriff werden Personen bezeichnet, die häufig keinen Berufsabschluss haben und denen es schwer fällt, z.B. die Mindestanforderungen an Sprach-, Lese- und Schreibkompetenzen zu erfüllen. Im Juni 2012 schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. die Zahl der Geringqualifizierten hierzulande auf etwa 7,3 Millionen. (Anm. 2) Wirtschaftsunternehmen greifen zunehmend auf dieses Potenzial zu und interessieren die künftigen Mitarbeiter auch mittels entsprechender Gehälter für sich. Auch wenn Kulturbetriebe in dieser Hinsicht nicht mithalten können, sollten sie sich damit befassen, Un- und Angelernte für eine Tätigkeit im Museum, Ausstellungshaus oder Schloss zu gewinnen, zu qualifizieren und zu halten. Das sog. Bürgerschaftliche Engagement (Ehrenamt) kann einen Teil davon abdecken, ist jedoch – so eine Handreichung des Deutschen Museumsbundes – „kein Ersatz für fehlendes Personal im Museum.“ (Anm. 3)

Mitarbeiter spezifisch befähigen, Leistung würdigen

Eine Berufsausbildung „Aufsicht im Museum“ gibt es nicht. Wer in Deutschland „gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewacht“, sollte zumindest über den Unterrichtungs- oder Sachkundenachweis nach § 34a Gewerbeordnung verfügen. Industrie- und Handelskammern bieten die kostenpflichtigen Kurse an (40 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten), die u.a. mit Recht, Unfall und Sicherheit sowie Grundlagen im Umgang mit Menschen bekannt machen. Darüber hinausgehende, auf die konkrete Tätigkeit in einem Museum oder Ausstellungshaus bezogene Kenntnisse vermitteln spezielle Schulungen öffentlicher Einrichtungen (z.B. Landesstellen für Museumswesen) oder privater Anbieter wie SchmittART (www.schmittart.de). Inhalte, Dauer und Kosten der Qualifizierungen variieren stark, die Grenzen zu Coaching und Kunstvermittlung sind fließend. Es liegt an den Kulturbetrieben und ihren Trägern, für das Service- und Aufsichtspersonal die erforderlichen Stellen zu schaffen, an denen die Menschen einen gerechten Lohn erhalten, mit Respekt behandelt und sinnstiftend in die jeweilige Tätigkeit des Kulturbetriebs einbezogen werden.

Dr. Berthold Schmitt, QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal
www.aufsicht-im-museum.de

QEM - Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren" (www.riegel-preis-kulturbewahren.de)

Anm. 1: Die ZEIT, 27.06.2013
Anm. 2: Vgl. www.iwkoeln.de
Anm. 3: Deutscher Museumsbund e.V. (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement im Museum, Kassel / Berlin 2008.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", vier 2013, S. 28.

Link: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2013-Ausgabe-4-November.pdf