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Videoüberwachung in Kulturbetrieben

Eine Frage der Technik, des Rechts und der ständigen Pflege

Schutz und Sicherheit von Menschen, Sachen (z.B. Exponaten) und Gebäuden sind zentrale Anliegen von Museen, Bibliotheken u.a. kulturbewahrenden Einrichtungen. Um beste Resultate zu erzielen, setzen viele Häuser nicht nur auf Personal und mechanische Vorkehrungen, sondern auch auf elektronisches Equipment. Dazu zählen z.B. kapazitive Lösungen, Lichtschranken oder die Überwachung durch Videokameras. Aber, Vorsicht: Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt!

Die technische Lösung ist das eine …

Videoüberwachung der jüngsten Generation arbeitet mit leistungsstarken Geräten, die auf mittlere Entfernungen und bei eingeschränkten Lichtverhältnissen eine recht gute Bildqualität liefern. Im Vorfeld der Anschaffung der Technik sollte man jedoch einiges beachten. Sollen die Geräte im Außen- oder im Innenbereich eingesetzt werden? Was genau sollen sie leisten? Geht es in erster Linie um Abschreckung, um Aufzeichnung oder um beweiskräftige Aufnahmen? Sollen die Geräte verkabelt werden oder mit Akku arbeiten? Wie steht es um die Wartungsintensität? Für diese komplexen Fragen sollte man unbedingt technische Experten zu Rate ziehen und beim Kauf u.a. darauf achten, dass die Geräte den VdS-Richtlinien entsprechen. Die eingehende Beschäftigung mit den technischen Parametern und die Ausarbeitung des ortsspezifischen Sicherheitskonzeptes für die Installation der Geräte sind das eine. Mindestens so wichtig ist es jedoch, die geltenden Rechtsvorschriften zu kennen und bei der Umsetzung der Videoüberwachung zu berücksichtigen. Verstöße können empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen.

… die juristische Basis das andere

Da öffentliche und private Museen öffentlich zugängliche Bereiche sind, kommen mit Blick auf deren Überwachung mittels Video das Bundesdatenschutzgesetz zur Anwendung. Dort heißt es: „Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie 1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, 2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder 3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen.“ (Anm. 1) Die datenschutzrechtlichen Regelungen der Länder bleiben gültig. Im Rahmen des Hausrechtes ist der Betreiber eines Museums also grundsätzlich berechtigt, den Zugang zu seinem Haus zu kontrollieren und die dort gezeigten Exponate zu beobachten (Berechtigtes Interesse). Allerdings muss er stets prüfen, ob er weniger belastende Überwachungsmittel einsetzen kann (Erforderlichkeit) und er muss darauf achten, dass die Kameras nicht jegliche Bewegungen der Besucher erfassen (Verhältnismäßigkeit). Ansonsten kann eine Kollision mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung drohen.

Hausrecht vs. Informationelle Selbstbestimmung

Jeder Mensch hat das Recht, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit einer Kamera beobachtet oder aufgezeichnet wird. Das gilt auch für jeden, der sich in einem Museum oder einer Bibliothek aufhält, d.h. Besucher, Lieferanten und auch das eigene Personal. Mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung muss der Betreiber der überwachenden Einrichtung zum einen darauf hinweisen, dass Technik zur Videoüberwachung eingesetzt wird und zum anderen, was mit den Aufzeichnungen geschieht. Bisher war § 6 b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) maßgeblich: „(2) Der Umstand der Beobachtung und der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sind durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen. (3) Die Speicherung oder Verwendung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. (5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.“ (Anm. 2)

Dem Betreiber einer Videoüberwachungsanlage macht diese BDSG-Regelung es relativ leicht, seiner Informationspflicht nachzukommen, da ein kurzes Hinweisschild genügt. Aber im März 2019 hat das Bundesverwaltungsgericht einen Konflikt mit der EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erkannt und „§ 4 BDSG in der aktuellen Fassung für europarechtswidrig erklärt. Die Videoüberwachungsmaßnahmen bei nicht-öffentlichen Stellen sind nach dem Richterspruch nur entsprechend den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO möglich. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat vor allem weitreichende praktische Konsequenzen. Die Verantwortlichen, die Videoüberwachungsanlagen einsetzen und in der datenschutzrechtlichen Dokumentation für die Videoüberwachung § 4 BDSG als Rechtsgrundlage bisher angegeben haben, haben nun die Dokumente anzupassen und auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO zu verweisen. Wobei in diesem Zusammenhang natürlich auch geprüft werden sollte, ob die gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend gegeben sind. Neben der Dokumentation trifft es natürlich auch die Hinweisschilder, die auf die stattfindende Videoüberwachung hinweisen. Auch hier muss die Rechtsgrundlage nun angepasst werden. Zudem ist mangels Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 BDSG die knappe Form der Auskunft nicht (mehr) ausreichend, sondern die Informationspflichten gemäß Artt. 13 bzw. 14 DSGVO sind zu erfüllen.“ (Anm. 3)

Dies schließt übrigens Kamera-Attrappen ein, obwohl dabei die Vorschriften der DSGVO und des BDSG nicht angewendet werden. „Zweck einer Kamera-Attrappe ist es, das Verhalten von Menschen in eine gewünschte Richtung zu lenken. Obwohl tatsächlich niemand gefilmt wird, erzeugen täuschend echte Kameragehäuse einen sogenannten Überwachungsdruck. Müssen Dritte eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten, kann der erzeugte Verhaltensdruck für eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte ausreichen. Wer eine Attrappe zur Verhaltenssteuerung Dritter einsetzt, muss damit rechnen, dass zivilrechtliche Abwehransprüche(bspw. auf Unterlassen oder Schadensersatz) gegen ihn oder sie geltend gemacht werden.“ (Anm. 4)

Was bedeutet das für die Praxis?

Da die Informationspflichten gemäß DSGVO zu erfüllen sind, reicht die knappe Form der Auskunft (z.B. Piktogramm) nicht mehr aus. Aber damit ist es nicht getan. Die Hinweisschilder sollten am besten vor dem Betreten des überwachten Bereichs deutlich sichtbar ausgehängt werden, je nach Herkunft der Museumsgäste auch mehrsprachig. Zudem ist beim Einsatz von Videoüberwachungstechnik der Datenschutz des Personals zu beachten, da häufig Mitarbeiter/-innen des Museums von Videoüberwachungsmaßnahmen betroffen sind. Bei einem öffentlich-rechtlichen Träger sind die zuständigen Personalräte entsprechend den Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze zu beteiligen. Wird das Museum von einem privaten Träger betrieben, ist eine Zustimmung des Betriebsrates erforderlich.“ Am besten sollten alle Fragen in Zusammenhang mit der Videoüberwachung in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein. „Das sind zum Beispiel: Zweck der Videoüberwachung, Dauer der Videospeicherung, Kreis der zugriffsberechtigten Personen oder die für eine Weitergabe in Betracht kommenden Anlässe. Ebenfalls sollte eine ausdrückliche Regelung enthalten sein, dass die mit der Überwachungsmaßnahme aufgezeichneten Daten nicht zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Beschäftigten genutzt werden.“ (Anm. 5) Bei Erstellung einer Betriebsvereinbarung ist u.a. darauf zu achten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Einwilligung vorliegen.

Datenschutz braucht ständige Kontrolle und Pflege

Um den Rechenschaftspflicht aus Art. 5 Abs. 2 DSGVO nachzukommen, sind Museen u.a. kulturbewahrende Einrichtungen gut beraten, die den Datenschutz betreffenden Regelungen und die zugehörigen Dokumente regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren. Wohl auch deshalb hat z.B. die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im Dezember 2020 die Stelle „Mitarbeiter/in Videodatenschutz“ zur Besetzung ausgeschrieben. Zu den zentralen Aufgaben gehören: „Fortschreibung der Dokumentation aller Videoanlagen der SPSG in Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten und der Sicherheitstechnik; Erwirkung der datenschutzrechtlichen Freigabe von Videoanlagen in Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten und der Sicherheitstechnik sowie Überprüfung und Aktualisierung der Hinweisbeschilderung in den Häusern und Parkanlagen in Zusammenarbeit mit der Abteilung Marketing, dem Datenschutzbeauftragten sowie der Schloss- und Gartenbereiche“. Zu den Muss-Kriterien der mit 8 TV-L dotierten, auf zwei Jahre befristeten Stelle zählen: „Abgeschlossene Ausbildung Fachrichtung Verwaltung Recht / Bürokommunikation / Sicherheit / Technik“ sowie „Grundkenntnisse im Datenschutzrecht (EU DSGVO) und der Sicherheitstechnik / Videoüberwachungsanlagen“. (Anm. 6)

Aber selbst, wenn in technischer, juristischer und dokumentarischer Hinsicht alles bestens ist, gilt: „Eine Videoüberwachung kann das Aufsichtspersonal im Museum unterstützen, niemals jedoch einen aufmerksamen Mitarbeiter ersetzen.“ (Dieckert)

Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Bundesdatenschutzgesetz, Teil 1, § 4 Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume; Quelle: dejure.org/gesetze/BDSG/4.html; Abfrage: 17.02.2021.
Anm. 2: Bundesdatenschutzgesetz § 4 a.a.O.
Anm. 3: § 4 BDSG „gekippt“ – Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen, in: Mauß Datenschutz, 01.07.2019; Quelle: datenschutzbeauftragter-hamburg.de/2019/07/4-bdsg-europarechtswidrig-videoueberwachung-durch-nicht-oeffentliche-stellen/; Abfrage: 17.02.2021
Anm. 4: Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen; Redaktion: Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, 17.07.2020; Quelle: https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/oh/20200903_oh_v%C3%BC_dsk.pdf; Abfrage: 18.02.2021
Anm. 5: Ulrich Dieckert, Rechtliche Bedingungen der Videoüberwachung in Museen, in: Security Minds, 2011; Quelle: dieckert.de/media/sp_4_2011.pdf; Abfrage: 17.02.2021
Anm. 6: Jobs & Ausbildung; Quelle: https://www.spsg.de/stiftung/jobs-ausbildung/mitarbeiterin-videodatenschutz-mwd/ ; Abfrage: 29.12.2020

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb, eins 2021, S. 80 f.