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»Objekte durch Diebstahl entwendet«

Museale Sicherheitskonzepte sollten schlüssig sein

Ende Februar 2019 ist aus dem Museum für Ur- und Frühgeschichte auf der Willibaldsburg in Eichstätt eine Reihe von Exponaten gestohlen worden. Neben dem beachtlichen Schaden offenbart sich eine bemerkenswerte Lücke in den Sicherheitsmaßnahmen des Hauses.

Simples Vorgehen der Täter …

Das Eichstätter Museum zeigt die Entwicklungsgeschichte der Region von der Steinzeit bis zum Frühmittelalter. Zu den ausgestellten Attraktionen gehören eiszeitliche Tierskelette sowie prunkvolle Beigaben aus Gräberfeldern der Merowingerzeit. Am 24. Februar 2019, es ist ein Sonntag, zerschlagen der oder die bislang unbekannten Täter einige Glasvitrinen und erbeuten: „Zwei Rekonstruktionen mittelalterlicher Kurzschwerter sowie ein Abguss eines keltischen Schwertes und die dazu eigens gefertigte Rekonstruktion wurden gestohlen. Aus den Vitrinen nahmen sie rund 60 römische Münzen. Der Wert der Gegenstände einschließlich des Schadens wird auf rund 20.000 Euro geschätzt.“ Gegen 11:30 Uhr entdeckt eine Angestellte den Diebstahl. (Anm. 1) Da es sich um ein besonders schweres Delikt handelt, hat die Kriminalpolizei Ingolstadt die Ermittlungen übernommen. Die Polizei vermutet ein arbeitsteiliges Vorgehen: Während einer der Täter „Schmiere steht“, zertrümmern der oder die Mittäter vermutlich mittels Werkzeugen die sicherheitsverglasten Vitrinen. Brutal, simpel, effektiv.
Das Eichstätter Museum für Ur- und Frühgeschichte verfügt über Videokameras – kein selbstverständlicher Standard in deutschen Museen. „Der Haken dabei: Die Kameras zeichnen nicht auf, sie liefern nur ein Livebild. Eine handvoll Personen, darunter Albert Günther, der Vorsitzende des Historischen Vereins, hat die Möglichkeit, sich einzuwählen und das aktuelle Bild zu sehen. Zum entscheidenden Zeitpunkt allerdings war niemand online. Das heißt, es hat niemand die Täter gesehen. Laut Polizeichef Rindlbacher gibt es noch nicht einmal eine Personenbeschreibung, geschweige denn eine Ahnung davon, wie viele es gewesen sein könnten.“ (Anm. 2)

… trifft auf komplexe Verwaltungsstruktur

Das vom Historischen Verein Eichstätt e.V. betriebene Museum für Ur- und Frühgeschichte ist im sog. Gemmingenbau untergebracht, einem Trakt der mittelalterlichen Willibaldsburg. Die Burg selbst gehört zu der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, vertreten durch die Schloss- und Gartenverwaltung Ansbach. Verantwortlich „für die kontinuierliche bauliche, technische und konservatorische Instandsetzung und Instandhaltung des gesamten in aller Regel denkmalgeschützten baulichen Bestands“ ist die Bauabteilung der Schlösserverwaltung, zu deren Aufgaben es auch gehört, die Anlagen „den heutigen technischen Anforderungen, Sicherheitsstandards und Nutzungsansprüchen soweit möglich anzupassen.“ (Anm. 3)
Nach dem Diebstahl vom Februar 2019 sieht der Historische Verein Eichstätt e.V. die Schlösserverwaltung für das Defizit bei der Videotechnik in der Pflicht. Um die Sicherheit im Museum zu erhöhen, habe „der Verein bei der Installation der Geräte vorgeschlagen, an der Kasse einen Monitor zu installieren, um die Ausstellungsräume zu überwachen. `Die Schlösserverwaltung hat uns das aber verboten.´“ (Anm. 4) Der oder die Täter von Eichstätt werden von dem Kompetenzgerangel zwischen den Verwaltungs- und Arbeitsebenen nichts gewusst haben. Ihnen kann es nur recht sein, wenn derartige Sicherheitslücken bestehen. Der Historische Verein will die Sicherheitsmaßnahmen nun verbessern, sieht aber sogleich neue Hürden: „`Wir müssen ins Auge fassen, mehr in die Sicherheit zu investieren´, sagt Günther. Der Verein müsse gegebenenfalls `tief in die Tasche greifen´. Auch Wartung und Pflege werde es nicht zum Nulltarif geben, stellt er fest. Er könnte sich vorstellen, dass Kameras installiert werden, die einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden aufzeichnen. Optimal wäre auch eine Überwachung des Parkplatzes vor dem Museum. Da dies allerdings öffentlicher Raum ist, sieht Günther keine Chance für eine Umsetzung.“ (Anm. 5)

Diebstähle melden!

Aus Anlass des Diebstahls in Eichstätt bittet die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern alle Museen darum, „jeden Diebstahl unbedingt polizeilich zu melden und möglichst aussagekräftige Lichtbilder und Größenangaben nicht nur an die örtliche Polizeidienststelle, sondern auch direkt an das Landeskriminalamt München zu senden, das eine eigene Fachdienststelle für Kunst- und Kulturgutdiebstahl hat. Alle gemeldeten Objekte werden in der nationalen polizeilichen Sachfahndungsdatenbank für Kunst- und Kulturgut beim Bundeskriminalamt (BKA) erfasst, ggfs. auch über Interpol Wiesbaden international ausgeschrieben. Zudem möchten wir auf die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen zu Sicherheitsfragen aufmerksam machen.“ (Anm. 6)

Bundesweite Datenbank „Securius“

Das Bundeskriminalamt hat in enger Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern die Datenbank SECURIUS für sichergestellte Kunst- und Wertgegenstände entwickelt. Darin werden Gestände veröffentlicht, die durch Polizei- oder Zolldienststellen sichergestellt wurden und bei denen der Verdacht besteht, dass sie aus einer Straftat stammen. Jeder Bürger kann unter www.securius.eu/de/datenbank/ nach gestohlenen Gegenständen recherchieren. Aktuell führt die Datenbank u.a. 41 Bilder, 24 Skulpturen, 643 Uhren, fünf Musikinstrumente, 2.755 Schmuckstücke und zwei Waffen.

Anm. 1: Markus Meßner, Der Verlust der Exponate wiegt schwer, in: Eichstätter Kurier, 25.02.2019; Quelle: https://www.donaukurier.de/lokales/eichstaett/DKmobil-Der-Verlust-der-Exponate-wiegt-schwer ;art575,4094073; Abfrage: 27.03.2019
Anm. 2: ebd.
Anm. 3: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. Die Bauabteilung stellt sich vor; Quelle: https://www.schloesser.bayern.de/deutsch/ueberuns/bau/abt_bau.htm ; Abfrage: 27.03.2019
Anm. 4: Meßner, a.a.O.
Anm. 5: a.a.O.
Anm. 6: Info 3/19 vom 15. März 2019

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 76 f.