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Fachbeiträge "Licht"

Gesundheit schützen (II)

Jede Art von Licht birgt Risiken

Um den Energieverbrauch zu senken, gilt in den Ländern der Europäischen Union seit 2009 ein stufenweises Herstellungs- und Vertriebsverbot von Glühbirnen. Neben ökonomischen und ökologischen sowie konservatorischen und ästhetischen Erwägungen, sind beim Betrieb moderner Leuchtmittel in Museen, Bibliotheken und Archiven auch gesundheitliche Aspekte von Belang. Dies betrifft das eigene Personal sowie Besucher, Nutzer und Gäste.

Hintergrund

Grundsätzlich gilt, dass jede Form von Licht – künstliches und natürliches – Gesundheit und Befinden des Menschen beeinflussen kann, wobei die blauen und ultravioletten Anteile des Lichts das größte Schadenspotenzial besitzen, z.B. als Sonnenbrand. Allerdings sind nicht nur lichtempfindliche Menschen verunsichert, inwieweit die Emissionswerte der modernen Beleuchtungstechnologie z.B. Augen und Haut schädigen. Wiederholt wird vor allem über Kompaktleuchtstofflampen und Leuchtdioden (LED) berichtet, die bei einer Vielzahl von Krankheiten eine Rolle spielen und die Symptome Betroffener verschlimmern sollen. Mit Blick auf die Kompaktleuchtstofflampen werden besonders diskutiert: bauartbedingte UV-Strahlung, funktionsbedingte elektromagnetische Felder, giftiges Quecksilber.

Potenzielle Gefährdung durch optische Strahlung bzw. elektromagnetische Emissionen

Bereits 2009 stellte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) fest: „Der Einsatz von Kompaktleuchtstofflampen für allgemeine Beleuchtungszwecke im Haushalt ist unter Strahlenschutzaspekten nicht bedenklich. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass die von den Lampen emittierte optische Strahlung sowie die elektrischen und magnetischen Felder die internationalen Grenzwertempfehlungen einhalten. Hinsichtlich mehrerer für den Strahlenschutz wichtiger Charakteristika unterscheiden sich Glühlampen und Kompaktleuchtstofflampen nur graduell. Beim direkten Blick in eine Lichtquelle kann das Auge durch den Blaulichtanteil einer Glühlampe sogar deutlich stärker gefährdet sein als durch die entsprechende Emission einer Kompaktleuchtstofflampe.“ (1)
Auch bei LED-Lampen besteht ein gewisses Risiko für das menschliche Auge. Forscher der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) kommen in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis: „Bei fast allen LED, bei denen die Emissionsgrenzwerte der Freien Gruppe überschritten wurden, handelte es sich um Weiß- oder Blaulicht emittierende LED (…). Der Expositionsgrenzwert für die photochemische Netzhautgefährdung bei einem langzeitigen, absichtlichen Blick aus kurzer Distanz in eine Weiß- oder Blaulicht emittierende LED kann schon nach 10 Sekunden überschritten werden. Die Summe der Einzelexpositionen kann diese Zeit an bestimmten Arbeitsplätzen (z.B. in der LED-Industrie, bei der Installation von Beleuchtungsanlagen, in der Theater- und Bühnenbeleuchtung) rasch übersteigen.“ (2)

Gefährdungspotenzial Quecksilber

Im Unterschied zur klassischen Glühbirne enthalten Leuchtstoff- und Entladungslampen (auch sog. Energiesparlampen) funktionsbedingt kleine Mengen von Quecksilber. Während die zulässige Höchstmenge pro Birne im Jahr 2013 auf max. 2,5 Milligramm abgesenkt wurde, unterbieten die meisten Produkte den genannten Grenzwert deutlich. (3)
Inzwischen erzielen Spitzenreiter einen Wert von rund 1 mg pro Lampe. Dennoch ist Quecksilber ein hochgefährliches Nervengift, das sogar tödlich wirken kann, jedoch erst ab einer Dosis von 150 bis 300 Milligramm. Besorgnis lösten u.a. der Film „Bulb Fiction“ (2009) und das ZDF-Magazin „Giftiges Licht – Die dunkle Seite der Energiesparlampe“ (2012) aus, das auf mögliche gesundheitliche Gefahren und Belastungen hinwies und davor warnte, Energiesparlampen belasteten auch im normalen Betrieb die Gesundheit und könnten giftige bzw. krebserregende Stoffe abgeben.
Dagegen stellt das Umweltbundesamt (UBA) schon 2011 fest: „Bei normalem Gebrauch kann das Quecksilber in den Energiesparlampen nicht entweichen. Die Wahrscheinlichkeit des Zerbrechens von Energiesparlampen dürfte nur gering sein, allerdings liegen hierzu keine statistisch gesicherten Daten vor. Es steht aber genauso fest: Geht eine Lampe zu Bruch, kann das Schwermetall austreten. Hierin liegt das Problem. Denn Quecksilber kann die Gesundheit schädigen – vor allem das Gehirn und das Nervensystem. Im Innenraumbereich wird es gesundheitlich kritisch, wenn eine länger anhaltende Hg-Konzentration in der Raumluft von mehr als 100 Mikrogramm/Kubikmeter Luft (μg/m3) über mehrere Stunden eingeatmet wird.“ (4)

Was tun, wenn Quecksilber austritt?

In verschiedenen Szenarien hat das UBA untersucht, was geschehen kann, wenn Kompaktleuchtstofflampen brechen. Die „Ergebnisse machen deutlich, dass, je nach Technik und Randbedingungen, beim Zerbrechen der Lampen Quecksilber in Mengen freigesetzt werden kann, die gesundheitlich durchaus bedeutsam sein können. Die Untersuchungsergebnisse bestätigen aber auch, dass durch sofortiges Lüften und anschließendes Beseitigen der Scherben die Quecksilberkonzentrationen sehr rasch auf unschädliche Werte sinken. (…) Das Umweltbundesamt empfiehlt in Räumen, in denen sich regelmäßig Schwangere, kleine Kinder und empfindliche Personen aufhalten, besonders auf den Schutz vor Bruch von Energiesparlampen zu achten. Dies gilt übrigens auch für herkömmliche Leuchtstoffröhren, (…) die mitunter mehr Quecksilber enthalten als die jetzt diskutierten Energiesparlampen.“ (5)

Verbraucherschützer raten im Einzelnen zu folgendem Verhalten

• Bleiben Sie ruhig und denken daran, dass eine Energiesparlampe nur sehr wenig Quecksilber enthält.
• Passen Sie auf, dass Sie sich nicht an den Glasscherben/-splittern schneiden.
• Wenn die Lampe in einer Leuchte zerbrochen ist, stellen Sie sicher, dass die Leuchte vom Stromnetz getrennt ist, um Stromschläge zu vermeiden.
• Sorgen Sie für eine gute Belüftung des betroffenen Raumes.
• Sammeln Sie alle Teile der Energiesparlampe auf, möglichst durch Aufkehren.
• Nutzen Sie ein Einwegtuch oder auch ein Klebeband, um kleine Stücke und Staub aufzunehmen.
• Benutzen Sie einen Staubsauger nur dann, wenn die Oberfläche keine andere Wahl lässt (Teppich). Entsorgen Sie den Staubsaugerbeutel danach.
• Entsorgen Sie Lampenreste, Einwegtuch, etc., in einem Beutel und bringen diesen nach draußen.
• Entsorgen Sie zerbrochene Energiesparlampen sachgemäß und kostenlos über Rückgabemöglichkeiten der Recyclinghöfe bzw. des Handels. (6)

Was tun, wenn Quecksilber in Kulturbetrieben austritt?

In den Schau- und Depoträumen von Museen, Bibliotheken, Archiven u.a. kulturellen Einrichtungen kann das Lüften eines mit Quecksilber kontaminierten Bereiches, das aus gesundheitlicher Sicht empfehlenswert ist, mit konservatorischen Vorgaben oder sicherheitstechnischen Maßnahmen (z.B. nicht zu öffnende Fenster) kollidieren. Im Vorfeld sollte mit allen Mitarbeitern und vor allem mit dem Service- und Aufsichtspersonal erörtert und (wie bei Feuer- oder Brandalarm) regelmäßig geübt werden, was im Falle eines Falles zu tun ist – bis hin zur Evakuierung betroffener Raumabschnitte. Dies gilt besonders, wenn sich dort Besucher, Nutzer oder andere Gäste befinden.

Gibt es quecksilberfreie Alternativen?

Um derzeit ganz auf Quecksilber verzichten und dennoch Energie sparen zu können, bietet sich die Halogen- oder die LED-Technologie an. Aber auch bei Kompaktleuchtstofflampen schreitet die Entwicklung voran: Bereits jetzt gibt es Lampen, bei denen die Glasröhren mit einer Hülle aus Kunststoff und Silikon überzogen sind, die als Splitterschutz dient und das Austreten von Quecksilber verhindern soll. Andere Hersteller setzen auf eine Veränderung der chemischen Materialien. Im Ergebnis der vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) veranlassten Minamata-Konvention (2013) soll die Herstellung quecksilberhaltiger Produkte bis 2020 auslaufen oder drastisch eingeschränkt werden, darunter Batterien, Thermometer und Energiesparlampen. Die Voraussetzungen dafür sind gut: Im April 2012 hat das Lichttechnische Institut des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) die erste quecksilberfreie Energiesparlampe vorgestellt. Diese ist nicht nur ungiftig, sondern sie soll noch langlebiger, sparsamer und günstiger sein als bisherige Lampen. Gesicherte Auskünfte über die Marktreife liegen nicht vor. (7)

Dr. Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm.1: Bundesamt für Strahlenschutz (Hrsg.), Informationen zu elektromagnetischen Emissionen von Kompaktleuchtstofflampen (Energiesparlampen): www.doris.bfs.de/jspui/bitstream/urn:nbn:de:0221-201004221602/1/BfS_2009_Informationen_zu_Energiesparlampen.pdf (Zitat S. 15)
Anm. 2: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Photobiologische Sicherheit von Licht emittierenden Dioden (LED), 195 S., Dortmund 2013: www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2115.html;jsessionid=097F0A7B45E71E7121A1EEE2D67F4031.1_cid380. Download: www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2115.pdf?__blob=publicationFile&v=5
Anm. 3: Gegen Verstöße klagt z.B. die Deutsche Umwelthilfe (DUH): www.duh.de/2610+M559909b8f02.html
Anm. 4: Umweltbundesamt (Hrsg.), Energiesparlampen in der Diskussion, Dessau-Roßlau, 2011: www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3964.pdf, Zitat S. 1.
Anm. 5: A.a.O., S. 5.
Anm. 6: Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2010: www.verbraucherfenster.hessen.de
Anm. 7: Vgl. „Energiesparlampen ohne Quecksilber. Forscher stellen neue elektrodenlose Lampe `3rdPPBulb´ auf der `light + building 2012´ vor“: www.3ppbulb.com/mitteilung2.html

Literaturhinweise (Auswahl)
• Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (künstliche optische Strahlung), Richtlinie 2006/25/EG, 2006
• Photobiologische Sicherheit von Lampen und Lampensystemen (DIN EN 62471:2009-03; dt. Fassung). Die Norm unterteilt die Quellen inkohärenter optischer Strahlung (wie Glüh-, Leuchtstofflampen, LED, usw.) in vier Risikogruppen: Freie Gruppe (keine photobiologische Gefährdung) sowie Risikogruppen 1 bis 3 mit steigendem Gefährdungspotential.
• Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung (Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung – OStrV), Berlin 2010

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb eins 2014, S. 34-36.

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