In Paris ist eine große Basquiat-Ausstellung in Vorbereitung und man spricht von Versicherungssummen um die drei Milliarden EUR. Die Fondation Louis Vuitton hat sich etwas vorgenommen. Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum möchte eine große Ausstellung mit amerikanischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts ausrichten mit einem Versicherungswert um 600 Millionen EUR. Diese großen Summen schrecken im Kunstversicherungsgeschäft niemanden mehr. Umso wichtiger ist ein ordentliches Risikomanagement, das hilft, alle möglichen erdenklichen Gefahren von den Kunstgegenständen fernzuhalten.
Fülle an Gefährdungspotenzialen
Über viele Gefährdungspotenziale denkt man nur am Rande nach. Dazu gehören Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftslage, Kaufkraftthemen, Zahlungsmoral, Änderungen gesetzlicher Regelungen, moralische oder auch politische Fragen. Diese sind meistens nicht versicherbar, sondern nur durch organisatorische Maßnahmen im Vorfeld einzugrenzen.
Anders verhält es sich bei Schäden, die dem Kunstwerk direkt zustoßen oder die durch das Kunstwerk Dritten entstehen können. Letzteres erscheint unwahrscheinlich, denn wie soll ein Gemälde oder eine Skulptur einem Dritten schaden können? Der nächstliegende Schaden ist der, der durch Umfallen einer Skulptur und der damit verbundenen Beschädigung von Sachwerten bzw. Personen einhergeht. Die zunehmenden moralischen und persönlichen Befindlichkeiten vieler Menschen können zu psychischen Schäden führen, wenn sie mit einer Darstellung konfrontiert werden, die in ihnen zerstörerische Erfahrungen auslöst. In jedem Fall ist eine zunehmende Neigung festzustellen, Ansprüche jedweder Art gegen Personen und Sachen zu erheben. Möglicherweise befördert auch die Rechtsschutzversicherung eine Tendenz zur Streitbarkeit. Diese Fälle zeigen, dass neben der klassischen Kunstversicherung „Von Nagel zu Nagel“ auch der Gedanke der Haftungsversicherung bei Ausstellungsmachern und Organisatoren präsent sein sollte.
Die zunehmende Perfektionierung von Kunstdatenbanken lässt das Thema des Kunstdiebstahls zurzeit in den Hintergrund rücken, weil Werke ab einem bestimmten Wert nicht mehr leicht verkäuflich sind. Galerien, Auktionshäuser, aber auch private Händler sind verpflichtet, sich über die Herkunft der von ihnen zum Weiterverkauf angebotenen Werke zu erkundigen und dabei auch die elektronischen Medien zu nutzen. Entsprechend schwieriger wird es, einen grauen Markt zu entwickeln, in dem gestohlene Kunstgegenstände gehandelt werden können. Auch das Ammenmärchen vom manischen Sammler, der über Leichen geht, um ein Kunstwerk in seinen Besitz zu bringen und es anschließend an einer verborgenen Stelle heimlich fröhlich zu betrachten, taugt für Krimiserien am Sonntagabend, nicht aber für die Realität.
Leihverträge gründlich prüfen
Die Schadensituation der Kunstwerke verlagert sich zunehmend in die Ausstellungs- und Transportebene. Daher ist es nicht trivial, für wen man sich entscheidet, wenn es um den Transport von Kunstwerken geht. Hier haben sich wenige spezialisierte Unternehmen im Markt durch eigene Recherchen und Versuchsreihen ein gutes Know-how in der Verpackung und im Handling von Kunstwerken angeeignet. Leider ist zunehmend eine Tendenz festzustellen, dass aus Kostendruck in Sachen Transport und Verpackung lieber darauf verzichtet wird, den Spezialisten zu nehmen, darauf hoffend, dass der Versicherer anschließend auch zahlt. Da Versicherer es ablehnen, eindeutige Kriterien zu entwickeln, nach denen sich Qualitätsmaßstäbe in der Beurteilung von Kunsttransportrisiken abbilden lassen, können sie sich im Schadenfall nur schlecht darauf berufen, dass das Schaden verursachende Unternehmen nicht adäquat ausgewählt wurde.
Das durch zunehmende Naturkatastrophen und aktuell den Brand des Nationalmuseums in Rio de Janeiro neu entstandene Bewusstsein für vorbeugenden Risikoschutz führen auf der einen Seite dazu, dass die Kulturpolitik möglicherweise mehr Gelder zur Verfügung stellt, um Museumsbauten adäquat zu sichern und auch vor Brandkatastrophen zu schützen. Andererseits wird die Versicherungswirtschaft hohe Kapazitäten zu bezahlbaren Preisen nur dann zur Verfügung stellen können, wenn ausreichend vorbeugende Sicherungs- und Schutzmaßnahmen für die Kunstwerke getroffen wurden. Nicht jede Versicherung „Von Nagel zu Nagel“ beinhaltet den gleichen Versicherungsschutz. In einer chinesischen Police war zuletzt als Deckungsumfang „Natural Hazard“ und „Contingency“ definiert. Ob sich darunter eine einfache Feuerversicherung oder aber das Risiko der Beschädigung durch Dritte subsumieren lässt, sei dahingestellt. Ein Leihgeber, der sich auf Policen in fremden Ländern guten Glaubens einlässt, muss sich immer darüber bewusst sein, dass die Regulierungspraxis und das Verständnis der Versicherung nicht zwingend dem entspricht, was er im eigenen Land kennen und schätzen gelernt hat.
Der gute alte Grundsatz, wonach der Leihgeber bestimmt, wird häufiger missachtet. Auch wenn der Leihgeber einen bestimmten Spediteur vorschreibt oder eine bestimmte Versicherung voraussetzt, sind viele Fälle bekannt, in denen das so nicht umgesetzt wurde. Im Schadenfall wird das äußerst problematisch für den generösen Leihgeber. Auch wenn die leihnehmenden Institutionen das nicht gerne hören, zeigt die Erfahrung, dass die eigene Versicherung in der Regel einen Schaden adäquater behandelt als die eines fern stehenden Leihnehmers. Es empfiehlt sich daher, immer den eigenen Berater bei Leihverträgen hinzuzuziehen und im Zweifelsfall auf eine Ausleihe zu verzichten, wenn risikorelevante Vorkehrungen und Bestimmungen vom Leihnehmer aus Kostengründen nicht eingehalten werden. Das Kunstwerk in seiner angestammten Umgebung ist deutlich weniger Risiken ausgesetzt. Wenn es reist, sollte es nur First Class unterwegs sein.
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DieserBeitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb zwei 2018, S. 100 f.