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Transportsicherheit

Worauf zu achten ist, wenn Kulturgut bewegt wird

Ob Kunst gerne reist, wissen wir nicht, aber fakt ist: Sie reist immer häufiger. Wenn demnächst Meisterwerke moderner und zeitgenössischer Kunst aus Teheran in der Nationalgalerie in Berlin zu sehen sein werden (04.12.2016 bis 26.02.2017), haben sie einen langen und vielleicht beschwerlichen Weg hinter sich. Um Kunst- und Kulturgut zuverlässig zu transportieren, bedarf es großen Sachverstandes, damit nicht nur Glück und Zufall über einen sicheren und schadenfreien Transport entscheiden.

Kunsttransporte sind anspruchsvoll und vielschichtig

Kunstspediteur ist kein geschützter Begriff. Jeder, der zwei Hände hat, kann von sich behaupten, Kunstspediteur zu sein. Obwohl das Bewegen von Kunst- und Kulturgut stets ein neuralgischer Punkt ist, gibt es in der Regel keine öffentlich verfügbaren Kriterien, nach denen die Qualität der durchführenden Unternehmen beurteilt wird. Transportsicherheit bedeutet eben nicht nur, dass der Transport selbst sicher durchgeführt wird, sondern sie reicht weit darüber hinaus: Die Frage der Sicherheit beginnt in dem Moment, an dem das Objekt seinen Standort verlässt, und endet mit dem Zeitpunkt seiner Rückkehr an den ursprünglichen Ort. Jedes Werk ist einzigartig. Entsprechend stellt der Transport von Kunst- und Kulturgut ganz spezifische Anforderungen an Verpackung, Transportmittel, Weg und Personal. Das klingt einleuchtend, scheint aber bei der Vergabe von Transportaufträgen häufig vergessen zu werden. Wer lediglich den Preis als Kriterium nimmt, kann die dahinter stehende Komplexität nicht berücksichtigen. Die gesammelte Erfahrung und Kompetenz eines Kunstspediteurs ist bei der Abwicklung der Aufträge der einzige Garant dafür, dass die Objekte unbeschädigt ankommen. Es beginnt mit der Verpackung, denn sie muss allen während des Transportes vorstellbaren Beanspruchungen genügen. Aus Kostengründen sind manche Museen dazu übergegangen, Leihnahmen durch eigene Mitarbeiter verpacken zu lassen. Auch wenn sie dabei auf vorhandenes Packmaterial zurückgreifen, führt dies zunehmend zu Schäden, weil Besonderheiten nicht erkannt werden. Kürzlich haben die Mitarbeiter eines französischen Museums bei der Verpackung einer Terrakotta zu viel Polstermaterial im oberen Abschluss einer Kiste verwendet. Beim Zuschrauben der Kiste drückte die Polsterung auf die Skulptur und führte zu einem Totalschaden. Regressansprüche braucht das Museum nicht zu befürchten, denn die werden heutzutage bei größeren Ausstellungen grundsätzlich ausgeschlossen. Dieser Fall zeigt, dass das Verpacken sensibler Objekte kein standardisierter und „automatisiert“ wiederholbarer Vorgang ist.

Transportwege kennen

Des Weiteren spielt die Kenntnis um die eingesetzten Transportmittel und die vorgesehenen Transportwege eine wichtige Rolle. Innerhalb Europas werden die meisten Transporte mit Lkw durchgeführt. Aber auch hier gibt es große Unterschiede in der technischen Ausstattung. Luftfederung, Klimatisierung und spezielle Sicherheitssysteme reduzieren die physische Beanspruchung der transportierten Objekte. Größere Distanzen können zusätzlich zum Antransport über Land mit dem Flugzeug oder per Schiff zurückgelegt werden. Hierbei kommen u.a. klimatische Aspekte zum Tragen: So entstehen z.B. während des Fluges krasse Temperaturunterschiede und da bei dem Transport auf See nicht garantiert werden kann, an welcher Stelle der Container im Schiff geladen wird, treten der sog. Schiffsschweiß und Salzwasser neben der deutlich längeren Reise als weitere Gefährdungen hinzu. Man sollte auch wissen, dass Kunstwerke auf langen Reisen in andere Transportmittel umgeschlagen werden können. Die Kenntnis dieser sog. Hubs hilft, einen sicheren Transport zu gewährleisten. Kuriere können innerhalb Europas Landtransporte begleiten. Ihre Anwesenheit und Expertise kann beim Ein- und Auspacken der Objekte helfen. Auf den eigentlichen Transportstrecken sind allerdings auch sie machtlos, so z.B. wenn die als verladen geglaubte Bilderkiste beim Start in Südamerika plötzlich wieder auf dem Rollfeld steht. Transporte unter Polizeischutz sind bei Kunstgegenständen selten geworden. Sie empfehlen sich in bestimmten Ländern mit unsicherer Infrastruktur und werden mitunter bei der Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen angeboten. Die höhere Gefährdung entsteht, wenn die Objekte aus dem Transportmittel ausgeladen und in die jeweiligen Ausstellungsorte verbracht werden.

Wie steht es um das Know-how des Personals?

Schließlich ist an das Know-how des Personals zu denken. Die zunehmende Tendenz, für kleinere Transporte oder Stücke Paketdienste zu beauftragen, setzt die Werke einer enormen Gefährdung aus. Weder die Fahrer der Paketdienste noch die Menschen an den Umschlagplätzen haben irgendeine Ausbildung im richtigen Umgang mit der sensiblen Fracht. Dass es auf diesem Wege noch nicht zu größeren Schäden gekommen ist, liegt zum einen daran, dass die Verpackung besonders beanspruchungsgerecht sein muss und zum anderen, dass die Versicherungswirtschaft in der Regel keinen Versicherungsschutz für Werke über 25.000 Euro gibt. Die Paketdienste schließen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kunsttransporte von der Haftung aus.

Haftungsbegrenzung

Auch normale Spediteure begrenzen ihre Haftung der Höhe nach im Rahmen der allgemeinen deutschen Speditionsbedingungen bzw. bei grenzüberschreitenden Transporten durch die CMR. Sofern nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegen, ist die Haftungsbegrenzung bei 8,33 SZR oder ca. zehn Euro pro Kilogramm gesetzt. Da das bei Weitem nicht reicht, um einen Schaden zu begleichen, sollte man Kunst durch eine spezielle Transportversicherung schützen. Diese greift auch bei Schäden, die außerhalb des Speditionsgewahrsams eintreten, z.B. beim Zoll. Da absolute Sicherheit während des Transportes von niemandem gewährt werden kann, empfiehlt sich immer der Abschluss einer Transportversicherung. Die kann den Verlust des Werkes zwar nicht ersetzen, wohl aber mit Geld dafür sorgen, dass vergleichbare Qualität auf dem globalen Kunstmarkt wieder beschafft werden kann.

Dr. Stephan Zilkens, Geschäftsführer der Zilkens Art Insurance Broker GmbH
www.zilkensfineart.com

 

 

 

 

Zilkens Art Insurance Broker GmbH ist Förderer der Auszeichnung "Riegel - KulturBewahren" (www.riegel-preis-kulturbewahren.de)

Verwendete Kürzel und technische Begriffe

CMR (frz.: Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route) ist das 1956 geschlossene „Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr“.
SZR sind sog. Sonderziehungsrechte, die im Sinne einer künstlichen Währung international als Zahlungsmittel verwendet werden können. Die 1969 vom Internationalen Währungsfonds eingeführte Währung wird nicht an Devisenmärkten gehandelt.

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in "KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven", vier 2016, S. 26-27.

Link: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2016-Ausgabe-4-Oktober.pdf