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Augmented Reality in Bibliotheken

Zusätzliche Optionen durch anspruchsvolle Technik

Ein Buch ist ein Buch. Was aber spricht dagegen, Inhalt und Anmutung eines solchen Objektes virtuell in einen erweiterten Kontext zu stellen? Die sog. Augmented Reality (AR) bzw. „erweiterte Realität“ bietet Möglichkeiten.

Reales Objekt plus x

Zu den wesentlichen Merkmalen der AR zählen a) die Kombination bzw. teilweise Überlagerung von physischer Realität und virtueller Realität, b) die Interaktivität in Echtzeit und c) der dreidimensionale Bezug realer und virtueller Objekte. Bei der AR handelt es sich somit um eine Form der gemischten Realität (mixed reality), die nicht zu verwechseln ist mit der sog. „Virtuellen Realität“, bei der der Nutzer ganz in eine virtuelle Welt eintaucht. Bei der AR wird – ähnlich den Guckkästen des 18. Jhs. – ein reales Objekt mit digital erzeugten Informationen in Form von Texten, Bildern oder Grafiken angereichert, in 2D oder in 3D.
Bei Präsentation und Vermittlung von Kunst und Kultur wird AR bereits eingesetzt. Typische Anwendungen sind virtuelle Rekonstruktionen oder Komplett- bzw. Detailbetrachtungen von Möbeln (J. Paul Getty Museum, Los Angeles) und Flugzeugen (Dornier Museum, Friedrichshafen). Vorteile bietet dies auch für den Umgang mit seltenen Büchern, um diese vor Schäden durch Licht, Klima und Gebrauch zu schützen: So kann z.B. das in der Bayerischen Staatsbibliothek aufbewahrte Reichenauer Evangeliar (11. Jh.) von jedermann „virtuell“ angeschaut und interaktiv genutzt werden. (Anm. 1)

Näher ans Buch

Mögliche Anwendungen von Augmented Reality, Beacons und QR-Codes in Bibliotheken stehen im Zentrum eines Workshops Anfang Dezember 2018 in Köln: „Mit AR lässt sich die räumliche Realität in Echtzeit mit interaktiven und virtuellen Inhalten anreichern. Für Bibliotheken ist so möglich, eine innovative Verknüpfung von haptischen und digitalen Beständen zu erreichen oder auch Informationen zur Bibliotheksnutzung und Dienstleistungen spielerisch zu präsentieren. Welche Anwendungen existieren bisher und vor allem: Wie kann ich AR sinnvoll in meiner Bibliothek einsetzen? (…) Dabei wird sowohl auf technische Aspekte (u.a. der Einsatz von Beacons und QR-Codes) als auch auf die Entwicklung einer spannenden und schlüssigen Narration („Storytelling“) eingegangen. Zentrale Themen des Workshops:
• Monitoring von Trends: Wie erfahre ich, welche Technologietrends für Bibliotheken relevant sind/werden können?
• Best Practice: Welche AR-Anwendungen gibt es bereits?
• Welche Kreativitätsmethoden sind bei der Generierung von Ideen hilfreich?
• Storytelling: Wie gelingt es mir, passend zu meiner Einrichtung, eine schlüssige Narration zu entwickeln?
• Sinnvoller Einsatz von Technologien wie AR, Beacons und QR-Codes

Der Workshop gibt Antworten auf diese Fragen und bietet Methoden zur Ideenfindung und Realisierung einer eigenen maßgeschneiderten AR-Anwendung. So werden u.a. die Entwicklung eines Storyboards geübt und AR-Inhalte mittels eines Content Management Systems und spezieller Software umgesetzt. (Anm. 2)

Klassik Stiftung Weimar testet AR

Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek beherbergt eine Fülle wertvoller Bücher. Ein zentrales Anliegen des Hauses ist es, den „Besuchern die Bestände der Bibliothek so anschaulich und greifbar wie möglich zu präsentieren. Dazu gehört auch, dass wir immer wieder technische Neuerungen ausprobieren,“ so Anja Jungbluth, Leiterin der Abteilung »Digitaler Service, Digitalisierungszentrum und Fotothek«. Im Rahmen eines Experimentes hatten Besucher im Juni 2018 die Möglichkeit, mit Hilfe ausgewählte seltene oder besonders fragile Bücher mit Hilfe von Augmented Reality anzusehen, darunter eine Luther-Bibel und ein restauriertes Aschebuch. Das Besondere an der von der Firma Zeutschel realisierten 3D-Lösung: Nachdem die 3D-Objekte in das Gerät eingepflegt worden sind, haben die Besucher interaktiven Zugriff darauf. Der Bildschirm ist mit einer Kamera verbunden. Man stellt sich mittig auf die am Boden befindliche Markierung; sobald sich Hände im Erfassungsbereich der Kamera befinden, kann das Gerät die Gesten des Betrachtenden erkennen und in Befehle umsetzen. So können die Werke vergrößert oder verkleinert, der Einband von allen Seiten betrachtet als auch einzelne Seiten inspiziert werden. Durch das spezielle Anzeigegerät kann ein 3D-Effekt auch ohne die bisher notwendige 3D-Brille erzielt werden. (…) „Mit der Aufnahme und Bereitstellung hochauflösender 2D-Digitalisate von unseren seltenen, herausragenden oder häufig genutzten Beständen beschäftigen wir uns schon lange; darauf liegt auch nach wie vor unser Hauptaugenmerk“, sagt Jungbluth. Die digitalen Sammlungen, die kontinuierlich durch neu erschlossene Werke ergänzt werden, sind das stetig wachsende Ergebnis dieser Bemühungen. Zum Lesen und Forschen seien die vorhandenen 2D-Digitalisate derzeit noch besser geeignet als die 3D-Präsentationstechnik, da man dabei möglichst schnell zwischen Seitenansichten wechseln oder detailgetreue Ansichten einzelner Seiten erhalten möchte. Aber das Gerät könne Interessierten fragile und schöne Bücher in ihrer Gänze vor Augen führen, die sonst nur mit größter Vorsicht von Fachpersonal gehandhabt werden dürfen.“ (Anm. 3)

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Was ist eigentlich … Augmented Reality?, in: KulturBetrieb, eins 2016, S. 6 f.
Anm. 2: Augmented Reality in Bibliotheken, Workshop, 06./07.12.2018, Köln (Anmeldeschluss: 25.10.2018); Quelle: www.th-koeln.de/weiterbildung/workshop-augmented-reality-in-bibliotheken_56223.php; Abfrage: 03.09.2018
Anm. 3: Anja Rekeszus, Digitale Bücher in 3D – ein Gewinn für die Bibliothek?, in: Blog Klassik Stiftung Weimar, 01.06.2018; Quelle: blog.klassik-stiftung.de/digitale-buecher-in-3d-ein-gewinn-fuer-die-bibliothek/; Abfrage: 27.06.2018

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in KulturBetrieb zwei 2018, S. 28 f.