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Treppensteigender Rollstuhl

Museum führt Testreihe durch – mit Publikum

Viele Kulturbetriebe sind nicht oder nur teilweise barrierefrei. Oft stellen Treppen eine Hürde für Besucherinnen und Besucher dar. In Ausgabe zwei 2018 hat KulturBetrieb über das Landesmuseum Zürich berichtet, dass Versuche mit einem treppensteigenden Rollstuhl durchführt. (Anm. 1) Nun geht das Ganze in die Erprobungsphase – mit Besucherinnen und Besuchern!

Eignungstest für den praktischen Betrieb

Das Züricher Haus ist nicht nur das bestbesuchte kulturhistorische Museum der Schweiz, sondern auch vorbildlich hinsichtlich seiner Kommunikation zur Barrierefreiheit. (Anm. 2) Mit der sprichwörtlichen Schweizer Präzision bietet die Webseite eine Fülle von Angaben zur Beschaffenheit des Gebäudes, zu Beleuchtung, Griffigkeit von Böden, Abmessungen, Gefälle und Steigungen, taktile und auditive Unterstützung usw. Damit gewinnt der Gast bereits im Vorfeld seines Besuches eine recht genaue Vorstellung davon, was ihn erwartet. Besonders bemerkenswert: Das Museum verschweigt bestehende Schwächen oder Mängel nicht, sondern benennt diese klar. Das ist transparent und von Vorteil für alle Beteiligten.
Eine echte Hürde im Zürcher Landesmuseum stellen offenbar die Treppen dar – aus baulichen und finanziellen Gründen. Um dennoch Abhilfe zu schaffen, hat das Museum im Januar 2018 mit dem Prototypen eines treppensteigenden Rollstuhls experimentiert. Der sog. Scewo-Rollstuhl ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Tüftler Beni Winter und Studierenden der ETH Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste. Abgesehen von kleineren Irritationen – beim ruckelnden Treppenabstieg durchlebte der Testpilot im Museum eine Schrecksekunde – ist das Experiment offenbar gelungen.

Nun kann das allgemeine Publikum des Museums den Scewo zu bestimmten Zeiten ausgiebig testen. Da der Scewo sich noch in der Erprobungsphase befindet, müssen Interessierte vor einer Probefahrt schriftlich bestätigen, dass sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, darunter körperliche (Gewicht und Alter; mind. 14 Jahre), motorische (Beweglichkeit der Finger, um den Joystick bedienen zu können) und kognitive (um einen elektrischen Rollstuhl bedienen und lenken zu können. Zu den Betriebsbedingungen zählt, dass während der Fahrt ein Gurt getragen werden muss und die Fahrt nur in Begleitung einer geschulten Person möglich ist. Bei Nichtbefolgen der Anweisungen übernehmen der Hersteller und das Museum keine Haftung. (Anm. 3)

Alternative zum Bauen

Der Scewo Bro ist zunächst ein (fast) normaler, wenngleich technisch anspruchsvoll ausgestatteter Rollstuhl. Auf Knopfdruck wird der Raupenmodus zum Treppensteigen eingeschaltet. Laut Produktbroschüre des Start-Ups aus Winterthur kann der Scewo auch Treppen mit leichter Kurve bewältigen und die Raupen seien für beinahe jeden Belag geeignet. (Anm. 4) Das ab Ende 2019 in der Schweiz lieferbare Gerät (Gewicht: 120 Kg) wird in der Standardfarbe Weiß erhältlich sein, Sonderlackierung ist gegen Aufpreis möglich. Schrittwiese ist die Expansion in weitere Länder vorgesehen. Der Rollstuhl ist ab 35.500 Schweizer Franken zu haben. (Anm. 5) Das ist viel Geld, aber günstiger als Bauen.

Anm. 1: Vgl. Berthold Schmitt, Barrierefrei durchs Museum. Landesmuseum Zürich testet treppensteigenden Rollstuhl, in: KulturBetrieb, zwei 2018, S. 56.
Anm. 2: Vgl. Berthold Schmitt, Der braun-weisse Boden spiegelt leicht. Schweizer Museum kommuniziert vorbildlich über Zugänglichkeit, in: KulturBetrieb, zwei 2018, S. 54.
Anm. 3: Barrierefreie Zugänge; Quelle: https://www.nationalmuseum.ch/d/zuerich/Besucherinfos_Anfahrt.php; Abfrage: 24.12.2018
Anm. 4: Vgl. Hol Dir Deinen Bro; Quelle: scewo.ch/vorbestellen/ ; Abfrage: 24.12.2018
Anm. 5: Vgl. Scewo Bro; Quelle: https://drive.google.com/file/d/1OYtRwgv0s55tlLqjk8vbQvrBMTIcrscy/view; Abfrage: 24.12.2018

Dieser Beitrag wurde erstmals publiziert in eins 2019 KulturBetrieb, S. 46.