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Sprechendes Papier

Ein neues Medium für die Vermittlung in Kulturbetrieben?

Wenn von technologischen Entwicklungen die Rede ist, denken viele zunächst an die Digitalisierung. Aber auch auf klassischen Feldern werden erstaunliche Fortschritte erzielt, z.B. in der Druckbranche: Forschern ist es gelungen, aus Papier einen der „dünnsten Lautsprecher der Welt“ und ein „digitales Medium“ zu machen. (Anm. 1)

Bewährt und gefragt, flexibel und klingend

Papier ist ein altes und zugleich aktuelles Material. Vor fast 2.000 Jahren in China erfunden, konnte es bislang durch nichts Vergleichbares ersetzt werden. Produktion und Verbrauch von Papier, Pappe und Karton steigen, sodass das rein elektronische, papierlose Büro einstweilen Vision bleibt. Produkte aus Papier werden vielfältig verwendet: Während manche es Beschreiben, nutzen andere es zum Verpacken oder schnäuzen sich damit die Nase; andere basteln Schultüten, kleben es als Tapete an die Wand oder kaufen damit ein – in Form von Geldscheinen. Nun wird es sogar zum Lautsprecher. Forscher vom Institut für Print- und Medientechnik der TU Chemnitz haben ein Verfahren entwickelt, das Papier zur Membran macht und Töne übertragen kann. „Dabei werden elektronische Bauteile mit klassischen Druckverfahren auf Papier gedruckt. Dies ermöglicht eine kostengünstige Massenproduktion. (…) Dabei wird eine dünne Schicht aus einem piezoelektrischen Polymer gedruckt, die unter Spannung zu schwingen beginnt und so Töne abstrahlt. Um die elektrischen Signale einzuspeisen, sind zusätzliche gedruckte, elektrisch leitfähige Schichten nötig. (…) Der Lautsprecher befindet sich zwischen der aus zwei Teilen zusammenlaminierten Papierseite, sodass die Vorder- und Rückseite mit hochwertigen Farbdrucken versehen werden können.“ (Anm. 2)

Bilder sagen nun noch mehr als tausend Worte

Aufgrund seiner kostengünstigen Produktion kann das `tönende´ Papier in vielen Bereichen eingesetzt werden; vorwiegend als Werbeartikel, aber auch sprechende Arzneiverpackungen oder Tapeten als Soundsysteme sind denkbar. Auch im Kulturbereich könnte das Klangpapier zur Geltung kommen – als digital aufbereitetes Printmedium, das Texte vorliest. „Das Frequenzverhalten und damit die Klangqualität sind gut. Überraschend laut sind die Papiere auch. Nur die Bässe des Lautsprecherpapiers sind etwas schwach“, erklärt Georg Schmidt, ein Mitglied des Forscherteams. (Anm. 3) Auf der 58. World Press Photo (2015) hat Professor Arved Hübler, Chef der Chemnitzer Tüftler, die Technologie vorgestellt: Die Forscher „haben einen großformatigen Bildband, der die Siegerfotos in brillanter Qualität zeigt, mit gedruckter Elektronik ausgestattet. Öffnet man dieses T-book – das „T“ steht für Ton – und blättert eine Seite um, dann beginnt diese Seite durch einen unsichtbar im Inneren des Blatt Papiers befindlichen Lautsprecher zu tönen. Das T-book ist ein Meilenstein in der Entwicklung gedruckter Informationen. (…) Ein gedruckter Sensor stellt fest, welche Seite des Buches der Leser öffnet, sodass der genau passende Klang zu hören ist. Laut und deutlich kommt der Ton direkt aus dem Papier. (…) Man öffnet den Bildband mit den besten Fotos des Jahres und plötzlich beginnt die Seite zu vibrieren, Sound von sich zu geben und dem Betrachter seine eigene Geschichte zu erzählen. Das Buch informiert über die Hintergründe des Bildes und weckt mit Stimmen und authentischen Sounds Emotionen. Die Fotographien werden so für den Betrachter noch lebendiger. (Anm. 4) In Kulturbetrieben sind vielfältige Verwendungen denkbar: Schauspieler und Sprecher rezitieren Werke der Dichtkunst, Notenmanuskripte erklingen beim Betrachten und sprechende Kataloge erläutern Gemälde – Horaz´ Formel »Ut pictura poesis« bekäme eine weitere Wendung.

Dr. Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Anja Reschke, Lautsprecher aus Papier (ARD-Reihe: Wissen vor acht – Zukunft), 30.01.2017, Quelle: http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/wissen-vor-acht-zukunft/videos/lautsprecher-aus-papier-106.html; Abfrage: 13.02.2017
Anm. 2: Katharina Thehos, Gedruckte Lautsprecher bringen Fotos zum Klingen, in: Uni aktuell. Forschung, 28.04.2015; Quelle: https://www.tu-chemnitz.de/uk/pressestelle/aktuell/1/6582; Abfrage: 12.02.2017
Anm. 3: Kai Dürfeld, Sprechendes Papier – Chemnitzer entwickeln druckbare Lautsprecher, 02.05.2012, in: http://magazin.woxikon.de/12472/sprechendes-papier-chemnitzer-entwickeln-druckbare-lautsprecher/; Abfrage: 12.02.2017
Anm. 4: Thehos, a.a.O.

Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in KulturBetrieb, eins 2017, S. 6.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2017-Ausgabe-1-April.pdf