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Gäste im Museum: Worauf legen sie Wert?

Eine aufschlussreiche Befragung aus Leipzig

Für das Jahr 2015 teilt das Institut für Museumsforschung mit: Mehr als 114 Millionen Besuche in deutschen Museen und Ausstellungshäusern. (Anm. 1) Die Zahl der Besuche wird vielfach als wichtiger Gradmesser für Erfolg bzw. Misserfolg einer Kultureinrichtung betrachtet. Das greift zu kurz. (Anm. 2) Worauf aber kommt es den Menschen an, die ein Museum besuchen? Die Stadt Leipzig wollte es genauer wissen. Hier die im März 2017 veröffentlichten Ergebnisse.

»Und immer an den Besucher denken!«

Die Stadt Leipzig befasst sich aktuell mit der Frage, die Entgeltordnung für die Benutzung der kommunalen Museen neu zu regeln. Die Überlegungen gehen auch in Richtung „Pay what you want.“ (Anm. 3) Vor weiteren Entscheidungen wollte die Stadt jedoch Näheres über die „wahrgenommene Qualität von Angeboten und Dienstleistungen“ erfahren. Dazu hat das städtische Amt für Statistik und Wahlen von August bis November 2016 in sechs kommunalen Museen 1.099 Besucherinnen und Besucher interviewt. (Anm. 4) Im Zentrum der Befragung standen folgende Aspekte: Besucherstruktur (z.B. Herkunft), persönliche Einschätzung des Museumsbesuchs, Wichtigkeit und Zufriedenheit mit den angebotenen Bereichen und Serviceeinrichtungen, Zufriedenheit mit den Preisen, Häufigkeit der Nutzung der Museen sowie Nutzung von Informationsmedien. Insgesamt ist die Zufriedenheit mit den Einrichtungen sehr hoch: 70 Prozent der Befragten urteilten mit Sehr gut und 27 Prozent mit Gut. Hinsichtlich der Wichtigkeit, die die Gäste einzelnen Angeboten bzw. Bedarfen beimessen, gab es jedoch sehr unterschiedliche Ergebnisse:

Was den Gästen besonders wichtig ist

• Besucherfreundliche Öffnungszeiten (96%)
• Sauberkeit der Toiletten (96%)
• Angemessener Eintrittspreis (95%)
• Freundlichkeit des Personals (95%)
• Verständlichkeit der Texte zu Ausstellung und an Exponaten (94%)
• Ausstellungsdesign und -gestaltung (94%)

Was sie sich auch wünschen

• Hör- / Klangstationen (88%)
• Wegeführung im Museum (86%)
• Barrierefreiheit (84%)
• Sitzmöglichkeiten (81%)
• Mehrsprachigkeit (81%)
• Garderobe (80%)
• Wegeführung zum Museum (78%)
• Museums-Webseite (78%)

Worauf es ihnen nicht so sehr ankommt

• Audioguide (56%)
• Interaktive Angebote (55%)
• Museums-Shop (55%)
• Museums-Café (49%)

»Wie die Toilette, so das ganze Haus?«

Jede Befragung hat ihre Stärken und Schwächen. Im konkreten Fall könnte man z.B. das eher magere Abschneiden von Audioguides und interaktiven Angeboten mit dem relativ hohen Durchschnittsalter der Befragten begründen (48 Jahre). Vielleicht hat die Berührungsangst mit Multimedia aber auch mit dem vergleichsweise hohen Bildungsniveau der Befragten zu tun (62% haben Abschluss von Uni oder Hochschule) oder damit, dass rund 80 Prozent der in Leipzig Befragten aus Deutschland kommen – andere Nationen gelten als technikaffiner.
Was aber auch durch Umfragen in ganz anderen gesellschaftlichen Bereichen bestätigt wird: In Deutschland belegen die Kriterien Sicherheit und Sauberkeit stets Spitzenplätze. (Anm. 5) Zu einer attraktiven Umgebung, in der sich Besucherinnen und Besucher wohlfühlen, zählen neben sicheren und orientierungsfreundlichen Funktions- und Schauräumen auch saubere Sanitäranlagen. Folgt man dem Experten für Tourismus Heinz Rico Scherrieb, sollten Kulturbetriebe die hygienischen Ansprüche ihrer Gäste nicht unterschätzen: „Die Deutschen reisen durch die ganze Welt und kontrollieren die Sauberkeit der Toiletten. Und sie schließen vom Grad der Sauberkeit auf die Gesamtqualität.“ (Anm. 6)

Dr. Berthold Schmitt, Herausgeber der Fachzeitschrift KulturBetrieb

Anm. 1: Vgl. Statistische Gesamterhebung an den Museen der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2015 (Heft 70), Berlin 2016
Anm. 2: Zu anderen Kennzahlen vgl. Bernd Günter, Leistungscontrolling in Kulturbetrieben. Eintrittsgelder und Besucherzahlen als Teile eines Größeren sehen, in: KulturBetrieb, drei 2016, S. 89-94.
Anm. 3: Vgl. Berthold Schmitt, Pay what you want! Ein Modell für Museen?, in: KulturBetrieb, drei 2013, S. 16.
Anm. 4: Besucherbefragung 2016 / Museen. Ergebnisse; hrsg. von der Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, Leipzig 2016, 45 Seiten; Häuser: Stadtgeschichtliches Museum, Museum der Bildenden Künste, GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Bach-Museum, Mendelssohn-Haus, Galerie für Zeitgenössische Kunst; Quelle: http://www.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.1_Dez1_Allgemeine_Verwaltung/12_Statistik_und_Wahlen/Stadtforschung/Besucherbefragung_Museen_2016.pdf; Abfrage: 02.04.2017
Anm. 5: Vgl. Berthold Schmitt: Kulturbetriebe: Saubere Toiletten gehören dazu. Wenn es uns stinkt, ist es meist schon zu spät, in: KulturBetrieb, drei 2016, S. 58 f.
Anm. 6: Magitta Feike „Hilfe, ab morgen haben wir KUNDEN!“. Ein Erfahrungsbericht aus dem Zoo Hannover, in: Serviceorientierung im Museum; hrsg. von Matthias Dreyer und Rolf Wiese (Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; Bd. 80), Ehestorf 2012, S. 259-269.

Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in KulturBetrieb, eins 2017, S. 62-63.

Zum Magazin: http://www.kulturbetrieb-magazin.de/fileadmin/user_upload/kulturbetrieb-magazin/magazin/KulturBetrieb-2017-Ausgabe-1-April.pdf